„Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben ...“
Fastenserie mit Äbtissin Hildegard Brem - Teil 3Friedensbemühungen sind oft mit Enttäuschungen und Frustration verbunden. Es scheint fast wie ein Wunder, wenn sie einmal gelingen. Wie können wir reagieren, wenn es uns ähnlich ergeht?
Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ Vielleicht ist auch Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, dieses Sprichwort schon in den Sinn gekommen, wenn Sie sich um Frieden und Versöhnung bemüht haben. Ja, der Friedensweg ist kein Frühlingsspaziergang in blühender Natur, sondern kann langes und beschwerliches Ringen verlangen und so manche empfindliche Enttäuschung mit sich bringen! Wenn es sich um eine schwierige und verfahrene Situation handelt, werden wir damit rechnen müssen, dass sich nicht alles schon beim ersten Bemühen in Wohlgefallen auflöst. Das ist ja in unserer Welt nicht anders. Wie viele Friedensgespräche wurden schon geführt, wie viele Friedensverhandlungen verliefen ergebnislos! Zum Frieden im Bereich der Beziehungen gehören ja immer mehrere Personen und man kann die Versöhnungsbereitschaft der anderen nicht erzwingen. Ja, was soll man dann tun? Muss man verzweifeln oder den Friedensweg abbrechen?
Wir folgen in dieser Fastenzeit Jesus auf seinem Lebensweg nach, der ihn zuerst zum Kreuz, zum bitteren Tod und dann erst zur Auferstehung führte. Anscheinend waren sein Leben und sein Bemühen um die Versöhnung der Menschen mit dem Vater ein einziger Misserfolg! Und wird sein Evangelium des Friedens nicht bis heute von vielen Menschen abgelehnt?
Aktive und passive Seite
Wir nehmen meistens an, dass das Friedenstiften von uns vor allem ein Tun verlangt. Es hat aber neben einer aktiven auch eine passive Seite. Aktiv sind wir in unseren Bemühungen, an uns selbst zu arbeiten, Kränkungen zu verzeihen, neue Perspektiven in unserem Denken zu erschließen und Gespräche zu führen. Schon das kann äußerst schwierig und schmerzhaft sein und eine längere Zeitspanne in Anspruch nehmen. Wer von uns wüsste das nicht! Und doch sind wir bei diesen Schritten erst in der „Unterstufe“ unseres Friedensweges.
„Für unser natürliches Empfinden ist Leiden etwas, das weh tut und dazu noch oft sinnlos ist.“
Die „Oberstufe“ beginnt dort, wo unser Einsatz scheitert, keine Früchte bringt oder die ganze Situation scheinbar noch schlimmer macht. Hat sich diese Dynamik nicht im Leben und Sterben Jesu bis zum Äußersten entfaltet?
Aboaktion zur Fastenserie "Frieden suchen"
Die Zisterzienserin Hildegard Brem, geboren 1951 in Wien, ist Äbtissin der Abtei Mariastern-Gwiggen in Hohenweiler in Vorarlberg und begleitet mit ihren Beiträgen zum Thema „Frieden“ durch die Fastenzeit.
Der SONNTAG bietet zur Serie mit Äbtissin Hildegard Brem ein spezielles Abo: 8 Wochen für 8 Euro.
Für unser natürliches Empfinden ist Leiden etwas, das weh tut und dazu noch oft sinnlos ist. Darum suchen wir es nach Möglichkeit zu vermeiden. Und es wäre auch sicher gar nicht gut und gesund, würde man Schmerz und Misserfolg verherrlichen. Es ist klar, dass wir alles tun sollen, was in unserer Macht steht, um solche Situationen zu verhindern. Aber leider ist der Erfolg nicht vorprogrammiert. Was will uns Gott damit sagen?
Strahlkraft der Versöhnung
Für unser natürliches Empfinden ist Leiden etwas, das weh tut und dazu noch oft sinnlos ist. Darum suchen wir es nach Möglichkeit zu vermeiden. Und es wäre auch sicher gar nicht gut und gesund, würde man Schmerz und Misserfolg verherrlichen. Es ist klar, dass wir alles tun sollen, was in unserer Macht steht, um solche Situationen zu verhindern. Aber leider ist der Erfolg nicht vorprogrammiert. Was will uns Gott damit sagen?
Das Beispiel Jesu
Wir glauben als Christen, dass er uns durch sein ganzes Leben, besonders aber durch sein Leiden und Sterben erlöst hat. Das Kreuz war sozusagen das Ferment, das seine Liebe zu uns Menschen, seine Treue zu seinem Auftrag und seine Verbundenheit mit dem Vater bis zum Äußersten herausgefordert hat. In dieser Zumutung sind seine Geduld und Liebe so groß geworden, dass sie alle Menschen aller Zeiten umfassen, in alle menschlichen Abgründe von Schuld und Verzweiflung hinabreichen und alle Menschen zum ewigen Leben beim Vater mitnehmen wollen. Eine solche Liebe ist stärker als der Hass und wird ihn einmal – so hoffen wir – überwinden.
Sicher sind wir noch weit von einer solchen Liebe entfernt, doch dürfen auch wir, verbunden mit ihm, in Situationen von Unversöhnlichkeit und Scheitern ein Stück wachsen und reifen. Wir dürfen vertrauen, dass unsere ausgestreckten Hände, vereint mit dem Erlöserleiden Jesu, auch einmal stärker sein werden als Hass und Tod. Wann wird das sein? Wir wissen es nicht. Aber das wissen wir: Die ersten, die auf einem solchen Reifungsweg unsere Liebe gewinnen und verwandelt werden, sind wir selbst.
Zum Weiterdenken: Fragen und Anregungen
- Wo habe ich mich in meinem Leben anscheinend vergeblich um Frieden, Ausgleich und Versöhnung bemüht?
- Habe ich schon einmal erfahren, dass ein langer und schmerzlicher Konflikt schlussendlich doch zu einer aufrichtigen Versöhnung geführt hat? Wie ist das gegangen?
- Wo ruft mich Gott in die „Oberstufe“ der Geduld und des Leidens?
Podcast mit Äbtissin Hildegard Brem
"Wer sehnt sich nicht nach Frieden?", fragt Äbtissin Hildegard Brem bei der Faschingsjause. Sie meint, dass das Thema weltpolitisch ist, denn Friede ist ein Sehnsuchtsziel. Ihre These zum persönlichen Friedensweg: "Haben wir nichts gelernt aus der Geschichte? Wer selber im Unfrieden lebt, kann keinen Frieden weiter geben."
Die Podcast-Reihe "SONNTAGs-Jause" erscheint jeden Sonntag auf den gängigen Podcast-Plattformen wie