Erzdiözese Wien in der Übergangszeit
HirtenhundPater wer …? So lautete eine gängige Reaktion im Medien-Roulette der letzten Monate, wenn es um die Frage ging, wer denn neuer Wiener Erzbischof wird.
Unbekannter Ordensmann
Pater wer …? – Damit war der Name eines Ordensmannes gemeint, der in der österreichischen Öffentlichkeit weitgehend unbekannt war, nicht zuletzt eben deshalb, weil er Ordensmann ist und zudem in Rom lebt: Pater Bernhard Eckerstorfer. Er galt, wenn schon nicht als „papabile“, so doch zumindest als „episcopabile“, also als einer derjenigen, die angeblich für den Vatikan auf der Shortlist zur Neubesetzung des Wiener Außenpostens standen. Einer, so konnte man der stets raunend-allwissenden Journallie entnehmen, habe bereits abgesagt. Ob es Pater Bernhard war, weil er anderes im Sinn hatte? Oder doch Michael Landau, wie es die Austria Presse Agentur vor wenigen Tagen berichtete? Bliebe am Ende dann gar Hermann Glettler übrig?
Ein Abt mit Visionen
Pater Bernhard jedenfalls ist nun tatsächlich aus dem Rennen. Zumindest mal für die nächsten 12 Jahre. Denn für diesen Zeitraum wurde er zum neuen Abt von Stift Kremsmünster gewählt. Schaut man in die Publikationen von ihm, so lesen sich deren Titel tatsächlich wie ein Empfehlungsschreiben für höhere Weihen: Seine „Kleine Schule des Loslassens“ spricht diözesan wie klösterlich für einen positiveren Zugang zu anhaltenden Schrumpfungsprozessen. Small ist das neue Beautiful. Priorisieren und Finanzieren. Und wenn er sein Lieblingsthema seit Dissertationszeiten – die Suche nach einer „post-liberalen Alternative“ – rauskramt, nicken alle besorgten Bewahrer kirchlicher Restbestände fleißig. Post-liberal klingt doch allemal freundlicher als illiberal.
Zwischen Hirte und Schäfer
Mir seien solche Gedanken verziehen – schließlich irrlichtere ich derzeit hirtenlos, wenngleich nicht mehr ganz grün hinter dem Wedel, durch die Erzdiözese. Sprich: Ich habe keinen Hirten, jedoch einen Schäfer. Der muss dafür Sorge tragen, dass die Erzdiözese auch in Zeiten der Sedisvakanz weiter „läuft“. Ob diese Zeit, in der unser neuer Administrator Josef Grünwidl in engen Grenzen schalten und walten darf, eine römische Bewährungsprobe ist, um ihn dann vom Administrator zum Erzbischof zu machen? Diese These hört man hier und da.
Zumindest ist es nicht undenkbar, dass seine Regentschaft – so sie denn endet – als goldene Zeit in die Annalen eingeht. So wie die Regierung Bierlein. Eine Zeit politischer Sedisvakanz, die im Rückblick (verklärend) als wohltuend ruhig und unaufgeregt empfunden wird. Lieber Kaiser ohne Land als Hirte ohne beziehungsweise mit schrumpfender Herde. Ich jedenfalls bin gespannt auf die kommenden Monate. Darauf ein Bierlein.