Erinnerung an Weihbischof Karl Moser
Zeitgeschichte„,Für die Menschen bestellt’ war sein Wahlspruch, und das versuchte er über 50 Jahre als Priester immer wieder in die Tat umzusetzen“, erinnert sich Maria Aichmair
(„Mädchen für alles“) an Weihbischof Karl Mosers „Glaubensbeispiel, Geradlinigkeit und Wegweisung“.
Aichmair über Weihbischof Karl Moser
Aichmair: „Man hattemich anfänglich gewarnt, er sei pedant und stur – diese Erkenntniswurde mir aber 30 Jahre nicht zuteil,denn arbeitete man länger mit ihm zusammen, so merkte man, dass es einfach seine exakte Art des Arbeitens war, getragen von dem Bemühen, Christus den Menschennäher zubringen,unddabei war er eben ein Feind fauler Kompromisse.“ Aichmair: „Er hatte stets ein offenes Ohr für die Gläubigen, die Pfarrer, einfach die Menschen um ihn–er war ein gern gesuchter Ratgeber, Zuhörer und Beichtvater. Sehrwohl erkannte er Schwächen und wunde Punkte in den Pfarren und bei den Menschen und reagierte dann sehr nüchtern und sachlich, aber auch humorvoll, und fand stets Worte der Ermutigung.“
Weihbischof Karl Moser war wie ein„Hausbischof“
„Weihbischof Moser kam gerne in unsere Pfarre Alt-Ottakring, er war gleichsam wie ein ,Hausbischof’ bei uns“, erzählt der Dechant von Alt-Ottakring, Prälat Friedrich Guttenbrunner: „Wenn Kardinal König an Mosers Sterbebett sagte: ,Du warst uns immer ein Vorbild,’dann durften auch wir in der Pfarre Alt-Ottakring davon sehr viel profitieren. Er verkündigte das Evangeliummit einer tiefen Überzeugungskraft. Noch am Sterbebett sagte ermir: ,Das Predigen hab ich amliebsten getan.‘
Weihbischof Karl Moser spendete tausenden Jugendlichen die Firmung
Er spendete mehr als tausend Jugendlichen das Sakrament der Firmung bei uns, er feierte unzählige Feste mit uns– so auch sein 20-Jahr-Bischofsjubiläum und sein Goldenes Priesterjubiläum...“ Fast neun Jahre arbeitete Christiana Dolak als Sekretärin bei Moser. „Er war mir in dieser Zeit nicht nur ,Vorgesetzter’,er war auch –wie für so viele Menschen –Zuhörer und Ratgeber in persönlichen Anliegen. Unzählige Pfarren und Dekanate hat Moser mit großem persönlichem Einsatz visitiert, zuletzt schon gezeichnet von seiner schweren Erkrankung.“ Dolak: „Die große Sorgfalt und Genauigkeit in seinem Wirken als Priester und Bischof war beispielgebend, sie war geprägt vom Wunsch, Christus allen Menschen nahe zu bringen.Mit Geduld und Disziplin nahm er seine Krankheit an.“
Pünktlich und zu früh
15 Jahre war Ludwig Schmidl Chauffeur desWeihbischofs. „Seine Pünktlichkeit habe ich sehr geschätzt.Wenn wir eine Abfahrtszeit ausgemacht hatten, konnte ich sicher sein, dass er fast auf die Sekunde genau anwesend war“, erzählt Schmidl: „Es ergab sich aber auch öfter, dass wir zu früh dran waren. Zum Beispiel jedes Jahr in Alt-Ottakring, als wir immer in der Thaliastraße anhielten, um nicht zu früh anzukommen.
Wir standen jedes Jahr vor dem Fleischhauer in dieser Straße und Bischof Moser begutachtete die Preise. Daraufhin bemerkte er, dass die Schnitzelpreise immer noch dieselben waren wie voriges Jahr.“
„Abschied und Neubeginn liegen nahe beieinander“
Zwei Tage vor meiner Bischofsweihe starb Weihbischof Dr. Karl Moser. Am Dom wehten daher am Weihetag die weiß-gelbe und die schwarze Fahne. Der Abschied von Weihbischof Moser ist mir wie ein Vermächtnis. Als neuer Weihbischof folgte ich dem Mitbruder, der „den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt“ hatte (2 Tim 4,7) und für den nun „der Kranz der Gerechtigkeit“ bereit lag (2 Tim 4,8), den der Herr seinen treuen Dienern bereitet. Abschied und Neubeginn liegen nahe beieinander. Es ist gut, neu zu beginnen imWissen, dass wir alle auch Abschied nehmen müssen.
Es ist gut, anzufangen mit dem Blick auf das Ziel.Weihbischof Mosers Vorbild eines treuen, bescheidenen und hingebungsvollen Dieners Christi steht als Ziel vor Augen. Wer so dem Herrn und den Menschen dient, braucht die letzte Stunde nicht zu fürchten. Zwei Erinnerungen an die letzteBegegnung im Spital, kurz vor seinem Heimgang, sind mir wie ein Vermächtnis: Auf die Frage, wie es ihm gehe, wies er mit den Blicken hin auf das Kreuz. Es ist, so halte ich im Herzen fest, die letzte, weil größte Hoffnung unseres Lebens und Sterbens.
Weihbischof Moser vermachte mir seine neu angeschaffte Mitra, geziert mit den sieben Flammen der Gaben des Heiligen Geistes. Seit nun zehn Jahren trage ich immer zur Firmung diese Mitra. Sie ist mir Zeichen jener Weitergabe des Heiligen Geistes, die den Lebensstrom der Kirche ausmacht und die das Geheimnis ihrer unzerstörbaren Lebenskraft ist. Dankbar gedenke ich, mit vielen in unserer Erzdiözese, des Mitbruders und – so glaube ich fest – auch Fürsprechers bei Gott, an diesem seinem 10.Todestag.
Ein Nachruf von Kardinal Christoph Schönborn aus dem Jahr 2001.
Dieser Artikel stammt aus der Kirchen Zeitung vom 23. Sept. 2001.