Herz Jesu und die Dimensionen der Liebe
Neue EnzyklikaAusgangspunkt der Enzyklika ist das 350. Jubiläum der Visionen und mystischen Erfahrungen, die die französische Ordensfrau Margareta Maria Alacoque (1647–1690) im 17. Jahrhundert empfangen hat. Der Titel ist Programm: „Dilexit nos (,Er hat uns geliebt‘). Über die menschliche und göttliche Liebe des Herzens Jesu Christi“. Papst Franzikus lädt ein, die Bedeutung des Herzens wieder neu zu entdecken. Denn: „Wenn das Spezifische des Herzens nicht anerkannt wird, gehen uns die Antworten verloren, die der Verstand allein nicht geben kann, verlieren wir die Begegnung mit den Anderen, verlieren wir die Poesie. Und wir verlieren die Geschichte und unsere Geschichten, denn das wahre persönliche Abenteuer nimmt im Herzen seinen Ausgang.“
Das Bild des Herzens
Es sei daher verständlich, dass die Kirche das Bild des Herzens gewählt habe, um die menschliche und göttliche Liebe Jesu Christi und den innersten Wesenskern seiner Person darzustellen, betont der Papst: „Der Kreuzweg, die Verehrung seiner Wunden, die Spiritualität des kostbaren Blutes, die Verehrung des Herzens Jesu, die eucharistischen Frömmigkeitsformen. All dies hat die Lücken in der Theologie gefüllt, indem es die Vorstellungskraft und das Herz, die Liebe und die zärtliche Zuneigung zu Christus, die Hoffnung und die Erinnerung, die Sehnsucht und die Nostalgie genährt hat.“
Herz Jesu und soziales Engagement
Franziskus: „Das Herz Christi ist in der Geschichte der christlichen Spiritualität auf unterschiedliche Weise sichtbar geworden. In der Bibel und in den ersten Jahrhunderten der Kirche erschien es in der Gestalt der verwundeten Seite des Herrn, als Quelle der Gnade oder als Aufruf zu einer innigen Begegnung der Liebe. So ist sie im Zeugnis vieler Heiliger bis in die Gegenwart immer wieder aufgetaucht. In den letzten Jahrhunderten hat diese Spiritualität die Form einer regelrechten Verehrung des Herzens des Herrn angenommen.“ Angesichts einer (westlichen) Welt ohne Gott lädt der Papst ein, den „Blick auf das Herz Christi“ zu richten und „seine Verehrung zu erneuern“. In diesem Zusammenhang plädiert der Papst für „die persönliche geistliche Erfahrung und das gemeinschaftliche und missionarische Engagement“.
Die Verehrung des Herz Jesu
Die Verehrung des Herzens Christi gehöre zum geistlichen Weg vieler sehr unterschiedlicher Heiliger. „Verschiedene heilige Frauen haben von ihren Erfahrungen der Christusbegegnung berichtet, die gekennzeichnet waren von einem Ruhen im Herzen des Herrn, der Quelle des Lebens und des inneren Friedens“, betont Franziskus: „Die Verehrung des Herzens Christi erfolgte allmählich auch jenseits des monastischen Lebens und bereicherte die Spiritualität von heiligen Lehrern und Ordensgründern, die sie bis in die entlegensten Winkel der Erde verbreiteten.“ Die Verbindung „zwischen der Verehrung des Herzens Jesu und dem Engagement für die Brüder und Schwestern zieht sich durch die Geschichte der christlichen Spiritualität“, unterstreicht der Papst: „Wir müssen zum Wort Gottes zurückkehren, um einzusehen, dass die beste Antwort auf die Liebe seines Herzens die Liebe zu unseren Brüdern und Schwestern ist; es gibt keine größere Geste, die wir ihm anbieten können, um seine Liebe mit Liebe zu erwidern.“ Das Wort Gottes sage dies mit Klarheit: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan (Matthäusevangelium 25,40).“ Berührend in dieser Enzyklika: die Erläuterung des nicht so einfachen Begriffs „Sühne“.
„Enzyklika“ konkret
Eine Enzyklika (griechisch „kyklos“ = „Kreis“) ist ein päpstliches Rundschreiben an einen Teil oder an alle Bischöfe sowie an alle Gläubigen, oft auch an alle Menschen guten Willens. Sie befasst sich mit Gegenständen der Glaubens- und Sittenlehre, der Philosophie, der Sozial-, Staats- und Wirtschaftslehre sowie der Disziplin und der Kirchenpolitik. Päpstliche Rundschreiben sind Ausdruck der obersten Lehrgewalt des Papstes, aber keine „unfehlbaren“ Lehräußerungen. Sie wurden von Papst Benedikt XIV. (1740–1758) eingeführt. Die meist lateinischen Anfangsworte bilden den Titel einer Enzyklika. Berühmteste Ausnahme: die auf Deutsch von Papst Pius XI. verfasste Enzyklika mit den Anfangsworten „Mit brennender Sorge“ über die Lage der Kirche im Deutschen Reich vom 14. März 1937. Papst Franziskus hat bisher drei Enzykliken veröffentlicht: Am 29. Juni 2013 erschien die Enzyklika „Lumen fidei. Über den Glauben“, am 24. Mai 2015 die Enzyklika „Laudato si‘. Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ und am 3. Oktober 2020 die Enzyklika „Fratelli tutti. Über die Geschwisterlichkeit und die soziale Freundschaft“.