Dem Bild Gottes entsprechen

18. Sonntag im Jahreskreis
Ausgabe Nr. 31
  • Sonntag
Eine Hand stapelt kleine, mit Silhoutetten von menschlichen Köpfen mit eingezeichneten Zahnrädern versehene Holzwürfel zu einer Pyramide.
Nach dem Bild Gottes geschaffen sein und diesem Bild mehr und mehr entsprechen. Der Weg dorthin: Bildung. ©iStock.com/fotogestoeber.de

Wort zum Evangelium von Pater Martin Werlen

18. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B – 4. August

Der letzte Satz der Lesung aus dem Brief an die Gemeinde in Ephesus fasst treffend zusammen, was vorangegangen ist. Er öffnet uns zudem eine Tür, die uns staunen lässt. „Zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist!“ Hier wird an die Erschaffung des Menschen im ersten Buch der Bibel angeknüpft: „Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie“ (Gen 1,27). Beim „Bild“ geht es nicht um äußere Merkmale, sondern darum, dass der Mensch von Gott ansprechbar ist und mit Gott in Beziehung treten kann.

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Der große Mystiker Meister Eckhart (um 1260–1328) hat sich intensiv mit dem Menschwerden und Menschsein auseinandergesetzt. „Werde, der du bist!“, ruft er dem Menschen bis heute zu. Den Prozess dazu, dem Bild Gottes immer mehr zu entsprechen, nennt er „Bildung“. Ihm verdanken wir dieses großartige Wort, das es in keiner anderen Sprache gibt. Mit „Bildung“ meinen wir weit mehr als Erziehung. Es geht um unser Menschwerden und Menschsein. Es geht darum, dass wir nach dem Bild Gottes geschaffen sind und diesem Bild mehr und mehr entsprechen wollen. Bildung betrifft darum unser ganzes Leben, vom Moment der Empfängnis bis zum Tode.

„Werde, der du bist!“ Wir sollen nicht hängen bleiben im oberflächlichen Denken oder gar trügerischen Versprechen nachlaufen. Wie aktuell die heutige Lesung ist! Eines ist klar: An Bildung sollten wir nicht sparen – nicht im persönlichen Leben, nicht in der Familie, nicht am Arbeitsplatz, nicht in der Wirtschaft, nicht in der Politik, nicht in der Kirche.

1. Lesung Exodus 16,2–4.12–15

Ich will euch Brot vom Himmel regnen lassen.

In jenen Tagen murrte die ganze Gemeinde der Israeliten in der Wüste gegen Mose und Aaron. Die Israeliten sagten zu ihnen: Wären wir doch im Land Ägypten durch die Hand des Herrn gestorben, als wir an den Fleischtöpfen saßen und Brot genug zu essen hatten. Ihr habt uns nur deshalb in diese Wüste geführt, um alle, die hier versammelt sind, an Hunger sterben zu lassen. Da sprach der Herr zu Mose: Ich will euch Brot vom Himmel regnen lassen. Das Volk soll hinausgehen, um seinen täglichen Bedarf zu sammeln. Ich will es prüfen, ob es nach meiner Weisung lebt oder nicht. Ich habe das Murren der Israeliten gehört. Sag ihnen: In der Abenddämmerung werdet ihr Fleisch zu essen haben, am Morgen werdet ihr satt werden von Brot und ihr werdet erkennen, dass ich der Herr, euer Gott, bin. Am Abend kamen die Wachteln und bedeckten das Lager. Am Morgen lag eine Schicht von Tau rings um das Lager. Als sich die Tauschicht gehoben hatte, lag auf dem Wüstenboden etwas Feines, Knuspriges, fein wie Reif, auf der Erde. Als das die Israeliten sahen, sagten sie zueinander: Was ist das? Denn sie wussten nicht, was es war. Da sagte Mose zu ihnen: Das ist das Brot, das der Herr euch zu essen gibt.

2. Lesung Épheser 4,17.20–24

Zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist.

Schwestern und Brüder! Das also sage ich und beschwöre euch im Herrn: Lebt nicht mehr wie die Heiden in ihrem nichtigen Denken! Ihr habt Christus nicht so kennengelernt. Ihr habt doch von ihm gehört und seid unterrichtet worden, wie es Wahrheit ist in Jesus. Legt den alten Menschen des früheren Lebenswandels ab, der sich in den Begierden des Trugs zugrunde richtet, und lasst euch erneuern durch den Geist in eurem Denken! Zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit!

Evangelium Johannes 6,24–35

Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.

In jener Zeit, als die Leute sahen, dass weder Jesus noch seine Jünger am Ufer des Sees von Galiläa waren, stiegen sie in die Boote, fuhren nach Kafárnaum und suchten Jesus. Als sie ihn am anderen Ufer des Sees fanden, fragten sie ihn: Rabbi, wann bist du hierhergekommen? Jesus antwortete ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid. Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt und die der Menschensohn euch geben wird! Denn ihn hat Gott, der Vater, mit seinem Siegel beglaubigt. Da fragten sie ihn: Was müssen wir tun, um die Werke Gottes zu vollbringen? Jesus antwortete ihnen: Das ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat. Sie sagten zu ihm: Welches Zeichen tust du denn, damit wir es sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust du? Unsere Väter haben das Manna in der Wüste gegessen, wie es in der Schrift heißt: Brot vom Himmel gab er ihnen zu essen. Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn das Brot, das Gott gibt, kommt vom Himmel herab und gibt der Welt das Leben. Da baten sie ihn: Herr, gib uns immer dieses Brot! Jesus antwortete ihnen: Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.

Quelle: Lektionar für die Bistümer des deutschen Sprachgebiets. Authentische Ausgabe für den liturgischen Gebrauch. Band I: Die Sonntage und Festtage im Lesejahr A, Freiburg u. a. 2019. © staeko.net

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