Ein hoher Dom – oder der alte Steffl?
Am Montag war Gedenktag der Weihe des Stephansdoms. Bei der Gedenkmesse predigte der neue Domkustos („Verwalter“), Caritas-Präsident Michael Landau. Er nannte den Dom „ein lebendiges Herz, fest verankert im Herzen der Stadt – und in den Herzen so vieler Menschen“. Das stimmt. Kardinal Schönborn sagt gerne: In anderen Städten werden die Kathedralen verehrt; der Stephansdom wird geliebt.
Der beste Beweis für die Liebe der Wiener zu ihrer Stephanskirche scheint mir die zärtliche und vertraute Verkleinerung ihres Namens zu sein: der Steffl. Unser alter Steffl. Kann man sich vorstellen, dass in einer anderen Stadt die Bürger etwa ihre St. Josefskirche den „Pepperl“ nennen würden?
Für mich ist das ein Sinnbild für eine gelungene Beziehung zwischen Menschen und Kirche. Man kann sich natürlich fragen, ob nicht „der Hohe Dom zu St. Stephan“ den Bedürfnissen der Menschen nach etwas Erhabenem in ihrem Leben näherkäme als der kumpelhafte „Steffl“. Aber ich denke, dass die Erhabenheit vor allem dem Vater selber zukommt. Und dass es eine Versuchung sein kann, sich selber mit Erhabenheit umgeben zu wollen – obwohl das gar nicht in der Spur Jesu wäre, der ja „nicht gekommen ist, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen“ (Mk 10,45).
Und so können wir Kirchenleute uns fragen, wie wir den Menschen entgegenkommen wollen und wie sie uns wahrnehmen sollen: wie ein hochverehrter Hoher Dom zu St. Stephan – oder wie ein geliebter Steffl. Das Spannende an diesem Vergleich ist, dass es dabei jedes Mal derselbe Bau ist, dasselbe Äußere und dasselbe Innere. Nur die Attitüde ist eine andere, aber sie macht den ganz großen Unterschied.