„Damit die Übergabe einfach gut gelingt“
Ein Tag im Sekretariat von Kardinal SchönbornHalbleere Kästen, schon leere Schränke, viele volle Schachteln, unzählige herumliegende Bücher: Wenn der neue Erzbischof in nächster Zeit sein Amt antreten wird, soll es „eine geordnete und gute Übergabe im Sekretariat geben“, sagt Nina Sevelda-Platzl zum SONNTAG. Wir waren einen Tag im Sekretariat von Kardinal Schönborn.
Beratung für den Kardinal
Nina Sevelda-Platzl ist seit Oktober 2022 Erzbischöfliche Sekretärin und Dienststellenleiterin. Das Aufgabengebiet ist sehr breit gefächert. „Ich darf das Team leiten, ich sorge für die Rahmenbedingungen und die Koordination, dass alle, die hier arbeiten, ihren Dienst gut tun können und unser Erzbischof so bestmöglich unterstützt wird. Es ist auch meine Aufgabe, den Kardinal in der strategischen Kalenderplanung zu beraten und verschiedene Veranstaltungen, zu denen er einlädt, mit zu organisieren, wenn Gäste wie etwa Patriarchen empfangen werden. Beraten darf ich ihn auch bei Fragen, die die Kirche in Wien und im östlichen Niederösterreich betreffen“, zählt sie auf. „Wir bekommen sehr viele Anfragen und Anliegen, manchmal auch Beschwerden. Es gab ein Jahr, in dem es, vor meiner Zeit, an die 7.000 Schriftstücke gegeben hat, und all die wollen bearbeitet und beantwortet werden“, sagt Sevelda-Platzl: „Das Spektrum reicht von pastoralen Anliegen (etwa Gottesdienste und Jubiläen) über den politischen Bereich (Teilnahme an Tagungen, Impulsreferate) bis hin zu persönlichen Anliegen von Menschen, die den Kardinal um Hilfe bitten.“ Und weiter: „Wir rechnen damit, dass der Herr Kardinal mit dem 22. Jänner emeritieren darf und wird. Er hat dann fast 30 Jahre als Erzbischof in Wien gewirkt und daher hat sich in dieser Zeit auch sehr viel angesammelt in den Büroräumlichkeiten, trotz der digitalen Dokumentenablage: sehr viele Unterlagen, sehr viel Papier, sehr viele Bücher und Geschenke. Wir haben in einem ersten Schritt all das gesichtet. Was muss ins Diözesanarchiv kommen, was wird dem Nachfolger übergeben und was nimmt der Kardinal mit?“ Damit der Überblick nicht verlorengeht und damit es „zu einer ordentlichen Übergabe kommt“, hat Sevelda-Platzl „schon vor eineinhalb Jahren eine To-do-Liste mit ursprünglich neun Seiten und 184 Punkten erstellt“. So manches ist mittlerweile schon erledigt. Denn am Beginn seiner Amtszeit als Erzbischof im Herbst 1995 war eine geordnete Übergabe im Sekretariat aufgrund der damaligen kirchenpolitischen Turbulenzen nicht der Fall.
Großer Dankgottesdienst am 18. Jänner für den Kardinal
„Da der Kardinal weiterhin in der Erzdiözese unterwegs sein wird, bekommt er ein organisatorisches Hinterland, drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem jetzigen Sekretariat werden mit ihm übersiedeln“, sagt Sevelda-Platzl: „Es ist dazu ein Büro einzurichten. Und es geht um das Abschiednehmen, ich nenne hier vor allem den großen Dankgottesdienst am 18. Jänner, zu dem 5.600 Leute geladen sind, die dabei sein und sich bedanken wollen.“ Und es geht auch um die Vorarbeit für den neuen Erzbischof. Sevelda-Platzl: „Wir stellen eine Dossier-Sammlung für den neuen Erzbischof zusammen, wo er zu jeder diözesanen Einrichtung, zu kirchlichen Stiftungen und Vereinen eine zweiseitige Kurzinformation von den jeweiligen Geschäftsführern und Dienststellenleitern bekommt. Wir haben jetzt in Summe 73 Dossiers, die als Vorinformation für den neuen Erzbischof zusammengestellt sind. Er wird eine Wohnung haben, ein Auto, ein Büro-Hinterland, er wird Menschen haben, die ihm den Haushalt führen, er wird eine Schlüssel-Karte haben und eine Liste mit Notfallnummern.“ „Kardinal Schönborn ist als Chef großartig, weil er im Umgang sehr behutsam ist“, betont sie: „Ich bewundere seine Gelassenheit, seinen Humor und vor allem seine Kraft. Er wird nächstes Jahr 80 Jahre alt. Er hat einen Terminkalender, den auch junge Menschen nicht so durchhalten würden. Ich hoffe für ihn, dass ruhigere Zeiten anbrechen und der Kalender nicht mehr so voll ist. Ich selber bin traurig, weil ich gerne mit ihm und für ihn arbeite und das ein Ende haben wird. Und ich arbeite auch sehr gerne mit diesem Team, weil hier alle mit viel Herz, Seele und Hirn dabei sind. Gleichzeitig freue ich mich darauf, unseren neuen Erzbischof bei seinem Einstieg begleiten zu dürfen.“
Der Kalender des „Spitzenmanagers“
Corinna Turner arbeitet seit 2012 im Erzbischöflichen Sekretariat. Ihre wichtigste Aufgabe ist das Führen des Kalenders von Kardinal Schönborn, das Aufnehmen der Anfragen, die sich auf den Kalender beziehen. „Ich muss auch darauf achten, was terminlich mit dem Kalender möglich ist“, sagt sie zum SONNTAG. „Ich muss also dafür sorgen, dass möglichst viele Terminwünsche erfüllt werden, aber dabei gleichzeitig die Kräfte des bald 80-jährigen Herrn Kardinal geschont werden.“ Turner: „Wenn wir einen Termin absagen müssen, suchen wir nach möglichen Alternativen, ob etwa beispielsweise die beiden Weihbischöfe solch einen Termin wahrnehmen können.“ Denn, so Turner: „Auch die Tage des Herrn Kardinal haben nur 24 Stunden.“ Sie beschäftigt sich auch mit dem neuen Büro des Kardinals, er wird ja weiter römische Aufgaben haben und er bleibt als Kardinal der Erzdiözese erhalten. Kardinal Schönborn sei „ ein wirklich angenehmer Chef, selten gestresst und wenn, dann nur kurz“, sagt Turner. Und „sehr diszipliniert“: „Termine, die man ihm einträgt, hält er gut ein. Ich werde im neuen Büro dabei sein, ich hoffe nur, dass dann der Herr Kardinal einen ruhigeren Kalender hat.“ „Wehmut“ ist vorhanden, weil sich das Team im Sekretariat verändern wird. Wie man sich den Terminkalender vorstellen kann? Turner: „Der erste offizielle Termin ist die heilige Messe um 7:30 Uhr. Zuvor betet der Kardinal das Stundengebet. Und der Tag endet, wenn er Glück hat, um 19 Uhr, aber es gibt auch sehr viele Abendtermine. Es ist also der Arbeitstag eines Spitzenmanagers.“
Der „Regisseur“ im Hintergrund
Wolfgang Moser ist seit 2004 im Erzbischöflichen Sekretariat tätig. Bis dahin hatte er Kardinal König sechs Jahre lang begleitet. 2004 begann er auch als Vertretung für den Erzbischöflichen Zeremoniär Martin Sindelar zu arbeiten. Mit der Zeit betreute er alle Pfarrtermine des Kardinals, auch die Visitationen. „Ein Zeremoniär ist der Regisseur der Liturgie, die der Bischof feiert“, sagt Moser: „Er soll daher eigentlich unsichtbar sein, aber im Hintergrund alle Fäden in der Hand halten, damit sich der Bischof auf die Feier konzentrieren kann. Der Zeremoniär bereitet mit der Pfarre, der Gemeinde, der Ordensgemeinschaft den Gottesdienst vor.“ Moser ist auch Reliquienbeauftragter der Erzdiözese Wien. „Ich verwahre den Reliquienschatz der Erzdiözese Wien und habe damit auch eine Liste der vorhandenen Reliquien“, sagt er. Seine Aufgabe beim Räumen? „In den vielen Kästen, mittlerweile teilweise schon geleert, gibt es Bücher, CDs, Geschenke, Akten. Die Geschenke beginnen bei einer Gedenkmedaille oder einem Teller von Pfarren und enden bei großen Kreuzen, die der Kardinal von orthodoxen Bischöfen bekommen hat“, zählt Moser auf. Als Chef sei Kardinal Schönborn „total menschlich und einfühlsam“. Wehmut betreffe ein bisschen das Team. „Ich werde aber Kardinal Schönborn auch in der Pension begleiten dürfen“, sagt Moser: „Zum Aufgabenbereich gehört es auch in Zukunft, alle Dinge griffbereit zu haben. Das beginnt bei der ordentlichen Kleidung, dass etwa Talare vorhanden sind, über das liturgische Gewand des Bischofs bis hin zu den liturgischen Büchern. Und überhaupt die Betreuung im Alltag.“
Seit 1995 im Sekretariat dabei
Claudia Okoko hat vor 30 Jahren das Sekretariat für den damals neuen Erzbischof Christoph Schönborn „mitaufgebaut“. Sie betreut zurzeit auch die tausenden Anmeldungen für den Dankgottesdienst. An sich ist sie „die erste Ansprechperson am Telefon“ sie betreut Veranstaltungen im Festsaal und den E-Mail-Eingang mit durchschnittlich 40 bis 45 E-Mails. Dazu kommen die Ordensverleihungen, die Priestergratulationen, der Empfang. „Ich bin einfach das Mädchen für alles“, sagt Okoko. Die große Frage in diesen Wochen lautet: „Was wird der neue Erzbischof brauchen, was der alte Erzbischof?“
Nach wie vor viel Post
Gerlinde Frank ist seit zwei Jahren im Erzbischöflichen Sekretariat tätig, mit 24 Wochenstunden in der Altersteilzeit. Sie betreut die sogenannte „physische Post“, hauptsächlich viele einlangende Einladungen und Bitten um Grußworte, Ehrenschutz für Veranstaltungen usw. „Es kommt viel persönliche Post, viele berührende und manchmal auch etwas verwirrte Schreiben“, sagt Frank. Weiters ist sie für fremdsprachliche Korrespondenz zuständig, meist Englisch und nimmt auch Diktate des Kardinals auf. Sie betreut außerdem die Priesteraushilfe (Messvertretungen) und erledigt Telefonate und bearbeitet den Schriftverkehr mit den aus der Kirche Ausgetretenen. Der Kardinal schreibt all jenen, die ausgetreten sind und bittet um Rückmeldung der Austrittsgründe. Frank leitet dann den Schriftverkehr an die zuständigen internen Stellen weiter. Sie schätzt „das gute Arbeitsklima im Büro sowie den sehr wertschätzenden Umgang des Kardinals mit uns allen“. Auch sie wird den Kardinal in der Pension begleiten.
Der Kardinal als „ausgezeichneter Beifahrer“
Werner Bittenauer ist seit März 2022 als Fahrer des Kardinals tätig. Das Tätigkeitsfeld ist obendrein vielschichtig, wenn er nicht als Fahrer aktiv ist. „Von der Organisation des Priester-Sprechtags bis hin zum Empfang der Gäste, wenn Not an der Frau, am Mann ist, auch Telefondienste, Post“, zählt Bittenauer auf. „Ein Traum ist die familiäre Umgebung im Büro“, sagt er. Wie der Kardinal als Beifahrer war? „Ein ausgezeichneter Beifahrer, der sich nicht, wie ich, aufregt oder ärgert, wenn wir wieder einmal im Stau stecken“, erzählt Bittenauer: „Er wirkt dann beruhigend auf mich ein.“
„Krone bunt“ und „Heute“
Seit 2017 arbeitet Dorothee Bauer im Erzbischöflichen Sekretariat, seit 2021 ist sie mit sechs Stunden beschäftigt. Früher hat sie hauptsächlich Korrespondenzen erledigt, „also externe E-Mails mit mehr oder weniger theologischen Fragen an den Kardinal beantwortet und Texte wie Grußworte oder Vorworte vorbereitet, daneben ein wenig im Büro mitgearbeitet“, wo sie gebraucht wurde, sagt Bauer: „Seit 2021 besteht meine Haupttätigkeit darin, die Heute-Kolumne vorzubereiten inklusive Themenvorschlag und die Abwicklung mit der Heute-Redaktion zu übernehmen, sowie die Evangeliumsauslegung des Kardinal in der Krone bunt zu betreuen.“ Über die Zusammenarbeit mit Kardinal Schönborn sagt Dorothee Bauer: „Ich kann mir keinen besseren Chef vorstellen - immer aufmerksam, wohlwollend und echt daran interessiert, wie es uns Mitarbeitenden persönlich geht und wie es um die Arbeit steht. Besonders sein Humor und sein Augenzwinkern zeichnen ihn aus.“ „Zweifelsohne“ schwingt jetzt auch bei ihr beim Abschiednehmen „Wehmut mit“.
„Provisorium“ und „Pressefotograf“
„Ich bin ein klassisches diözesanes Provisorium – im Jänner 2021 wurde ich für ein halbes Jahr für zehn Wochenstunden dienstverliehen vom Amt für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation an das Erzbischöfliche Sekretariat, da meine Kollegin Stunden reduzierte und da man damals davon ausging, dass die Emeritierung des Herrn Kardinals kurz bevorstand“, erzählt Stephan Schönlaub: „Aus diesem halben Jahr wurden vier, da die Emeritierung des Herrn Kardinals sich doch länger hinausgezögert hat.“ Schönlaub betreut das „Anliegenmanagement - also alles, was Fragen, Beschwerden und Anliegen betrifft, die an den Herrn Kardinal gestellt werden sowie auch Grußworte.“ Und er ist auch der Pressefotograf des Kardinals. Sein Resümee: „Jeder Abschied bringt Wehmut mit sich, vor allem, wenn man als Teil eines so tollen Teams die Möglichkeit hatte, ein bisschen dazu beitragen zu können, den Menschen ein schönes Bild von Kirche zu vermitteln.“
Termintipp:
Zur Feier für und mit Kardinal Schönborn am 18. 1. 2025: Dank & Lobpreis, Segen & Sendung
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