Die Not der Mütter

Hilfe für Mütter und Kinder
Ausgabe Nr. 42
  • Soziales
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Mütter in Not: Wer Hilfe in der Sankt-Elisabeth-Stiftung sucht, will sein Leben wieder in den Griff bekommen.
Mütter in Not: Wer Hilfe in der Sankt-Elisabeth-Stiftung sucht, will sein Leben wieder in den Griff bekommen. ©StudioKreativa

Die Familien-, Rechts- und Schwangerenberatungsstelle der Sankt-Elisabeth-Stiftung verzeichnet derzeit eine enorme Zunahme an Hilfesuchenden. Die meisten Mütter sind alleinerziehend.

Viel Hoffnung hatte Selma nicht mehr, als sie in der Familien-, Rechts- und Schwangerenberatungsstelle der Sankt-Elisabeth-Stiftung ankam. „Ich war am Ende, wusste nicht mehr weiter“, erzählt sie. „Ich war ohne Perspektive. Aber jetzt bin ich wieder glücklich. Hier hat man mir geholfen und mir gezeigt, wie ich wieder gut leben kann, gemeinsam mit meinem Kind.“ Im Vergleich zu 2023 ist die Zahl der Beratungsgespräche in der Sankt-Elisabeth-Stiftung von Jänner bis September von 1.555 auf 2.540 und damit um 63 Prozent gestiegen. 

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Müttern fehlt es an den grundlegendsten Dingen

Selma ist eine von 2.540 Frauen, die zwischen Jänner und September 2024 bei der Sankt-Elisabeth-Stiftung Hilfe gesucht und gefunden haben. 985 mehr als es noch im Vergleichzeitraum des letzten Jahres waren. 40 Prozent der Frauen, die hierher kommen, geben an, alleinerziehend zu sein – die Dunkelziffer ist jedoch deutlich höher: Viele Frauen sind zwar verheiratet beziehungsweise leben in einer Partnerschaft, die Väter haben aber ihren Wohnort oft nicht im selben Haushalt oder sind oft nicht greifbar, weil sie im Ausland leben. Alleinerziehend leben damit de facto nicht 40 Prozent, sondern 75 bis 80 Prozent der Frauen, die bei der St. Elisabeth-Stiftung Hilfe suchen.

„Die Not der Menschen wird größer“

„Die Not der Menschen wird größer“, sagt Anna Millauer, Leiterin der Schwangerenberatungsstelle der Sankt-Elisabeth-Stiftung. Viele, die hier Hilfe suchen, wollen ihr Leben in den Griff bekommen, doch oft fehlt es an den grundlegendsten Dingen – an einem Einkommen, einer Wohnung. Meist finden sich die Frauen in einem Teufelskreis wieder: „Wer keine Arbeit hat, lebt am Existenzminimum. Wer keine Arbeit hat, findet keine Wohnung. So ist die Realität, wie wir sie tagtäglich erleben“, sagt Anna Millauer. Und mit diesen Problemen würden dann ganz viele andere Dinge zusammenhängen – die Kinderbetreuung etwa. Denn um einen Platz in einem öffentlichen Wiener Kindergarten zu bekommen, muss ein Arbeitsplatz vorgewiesen werden. Auf den Punkt gebracht: keine Arbeit, kein Betreuungsplatz. Dass viele Arbeitsplätze Arbeitszeiten hätten, die dann auch noch mit den Öffnungszeiten der Kinderbetreuungsplätze nicht vereinbar sind, stehe dann noch einmal auf einem ganz anderen Blatt.

Dringend benötigte Hilfe für Mütter

Die Sankt-Elisabeth-Stiftung der Erzdiözese versucht mit ihren Angeboten unter dem Motto „Mama, du schaffst das!“ schwangere Frauen, wohnungslose alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern und Familien in genau diesen schwierigen Lebenssituationen zu unterstützen. Die Stiftung kann dabei nicht
nur auf die Beratungsstelle mit einer Familien-, Rechts- und Schwangerenberatung zurückgreifen, sondern bietet auch psychotherapeutische Unterstützung, einen Wohnbereich mit vier Mutter-Kind-Häusern mit einem eigenen sozialpädagogischen Team und Startwohnungen. Außerdem gibt es Hilfe bei der Arbeitssuche oder der Vermittlung von Deutsch-Kursen. „In extremen Notlagen vergeben wir finanzielle Unterstützung, über das Sachspendenlager auch Kleider-, Windel- oder Lebensmittelspenden“, sagt Anna Millauer.

Finanzierung der Hilfe für Mütter

Finanziert wird das alles durch die Erzdiözese Wien, die Kollekte der Pfarren in Form der jährlichen Muttertagssammlung, Sponsoren, den Fonds Soziales Wien sowie das Bundessozialamt und das Bundesministerium für Arbeit, Familien und Jugend. Ein großer Teil kann außerdem auch durch private Spenden abgedeckt werden.

"Wir benötigen dringend Spenden!"

Doch die Spenden gehen in letzter Zeit zusehends zurück. Die Sankt-Elisabeth-Stiftung steht damit immer stärker unter Druck – einmal mehr angesichts des steigenden Bedarfs. Die Folgen sind den Beraterinnen schmerzhaft bewusst und für die Frauen, die hierher kommen, unmittelbar spürbar: Die Wartezeiten auf ein Erstgespräch etwa betragen zurzeit bis zu sechs Wochen. Ressourcen für die Aufstockung an Beraterinnen und Beratern gibt es nicht. Auch die sogenannten „Babypakete“, die viel Nützliches für Mütter und ihre Babys enthalten, können weniger oft vergeben werden. Hinzu kommt eine drastische Reduktion von Gutscheinen zum Beispiel für Lebensmittel. Wir benötigen dringender als je zuvor Spenden“, sagt Anna Millauer.

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  • Portraitfoto von Andrea Harringer
    Andrea Harringer
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