Die Kirche in der Buchengasse wird verkauft
Dreimal wunderbare MuttergottesAm 1. März steht der Bischofsvikar für Wien-Stadt, Pater Dariusz Schutzki, der letzten Eucharistiefeier mit den Gläubigen der Teilgemeinde „Dreimal Wunderbare Muttergottes“ in der gleichnamigen Kirche in der Buchengasse in Wien-Favoriten vor. Danach wird die Kirche für immer geschlossen. Es ist dies die liturgische Feier anlässlich des Umzugs der dortigen Gemeinde von der Kirche „Dreimal Wunderbare Muttergottes“ in die Kirche „Königin des Friedens“. Am Sonntag, 2. März, wird die Gemeinde im Rahmen des Gottesdienstes um 10:00 Uhr feierlich in die Kirche „Königin des Friedens“ einziehen und damit die Gemeinde vergrößern. Um eine „Profanierung“ handelt es sich bei dieser Feier noch nicht, da zu einer „Profanierung“ kirchenrechtlich ein Dekret des Erzbischofs notwendig wäre. Diese Befugnisse hat der aktuelle Diözesanadministrator Josef Grünwidl nicht.
„Eine Gemeinde, deren Kirche geschlossen wird, muss gut begleitet werden.“
„Natürlich ist das Schließen einer Kirche ein schmerzlicher Schritt für eine Gemeinde, die hier vor Ort jahrzehntelang Gottesdienste gefeiert hat“, unterstreicht Schutzki: „Denn es ist ein wirklicher Auszug einer Gemeinde aus ihrer Kirche.“ Und eine Gemeinde muss in diesem Zusammenhang „gut begleitet“ werden. Auch in Zukunft werde es in Wien wohl „die eine oder andere Kirchenschließung“ geben, sagt Schutzki. Er setzt darauf, dass die neuen Besitzer dieser Kirchengebäude „sensibel“ mit diesen Gebäuden, die früher einmal Kirchen waren, umgehen werden.
Profanierungen, Übergaben und ein Abriss
- 2010: „Kirche zur heiligen Mutter Gottes“ („Allerseelenkapelle“) in der Martinstraße (Wien 18) an die Koptisch-Orthodoxe Kirche
- 2014: „Schmerzhafte Muttergottes“ (Neulerchenfeld, Wien 16) an die Serbisch-Orthodoxe Kirche, „Heiliger Antonius von Padua“ (Wien 15) an die Rumänisch-Orthodoxe Kirche
- 2015: „Maria vom Berge Karmel“ (Wien 10) an die Syrisch-Orthodoxe Kirche
- 2016: „Maria vom Siege“ (Wien 15) an die Koptisch-Orthodoxe Kirche
- 2019: Die Filialkirche „Maria Hilf“ (Wien 22) wird abgerissen und durch einen Wohnbau ersetzt
- 2022: „Am Schöpfwerk“ (Wien 12) an die Serbisch-Orthodoxe Kirche, die Filialkirche „Maria vom Siege“/Arsenal (Wien 3) befindet sich jetzt in Privatbesitz.
- 2023: Augustinerkirche in Korneuburg: Hier entstehen jetzt neue Räume für Kultur, Kulinarik und Kooperation in der Stadt.
- 2024: „Sankt Michael“ in Mödling: Übergabe an eine christliche Konfession geplant.
Geschichte einer Kirche
Ursprünglich am Beginn des 20. Jahrhunderts als eine der „Mater admirabilis“ gewidmete, nur 20 Quadratmeter große Kapelle für die Unterkunft von heimatlosen Mädchen gedacht, wurde das Areal 1931 vom „Allgemeinen Wiener Kirchenbauverein“ übernommen, um hier in der Buchengasse 108 (Wien-Favoriten) eine Seelsorgestation zu schaffen. Der damals dorthin berufene Priester Josef Ottinger sorgte unermüdlich für einen Ausbau dieser Kapelle, die 1932 auf den Titel der „Dreimal Wunderbaren Mutter“ geweiht wurde, berichtet Wolfgang Bandion in seinem Klassiker „Steinerne Zeugen des Glaubens. Die Heiligen Stätten der Stadt Wien“. Alsbald war die Kapelle zu klein, es wurde daher ein Kirchenneubau in zwei Etappen geplant. Der Altarraum bildete die erste Etappe und wurde schon nach der schnellen Fertigstellung 1933 geweiht. Als zweite Etappe waren das Kirchenschiff und auch ein Kirchturm geplant, die aber nie realisiert wurden. 1942 erfolgte die Erhebung zur Pfarrkirche. 2015 wurde die Pfarre dann eine Teilgemeinde der Pfarre „Göttliche Barmherzigkeit“.

Johann Pock lehrt Pastoraltheologie an der Universität Wien.
Mit 1. März wird die Kirche „Dreimal Wunderbare Muttergottes“ geschlossen und nicht an eine andere christliche Kirche übergeben. Was bedeutet das?
JOHANN POCK: Das Schließen eines Kirchengebäudes ist für eine Kirche vor Ort, für eine Pfarrgemeinde etwas sehr Schmerzhaftes, weil mit einem Kirchengebäude nicht nur der Bau verbunden ist, sondern für manche auch eine sehr, sehr lange Geschichte – von der Wiege bis zur Bahre, von der Taufe bis zur Verabschiedung. Auch viele Feste wurden hier gefeiert. Eine Kirche stellt für eine Gemeinde, für eine Pfarre einen zentralen Identifikationsort dar. Für eine Pfarrgemeinde ist der Abschied von der bisherigen Verwendung der Kirche ein großer Einschnitt.
Hängt die Schließung damit zusammen, dass es unserer Kirche immer schwerer fällt, Kirchengebäude zu erhalten?
Die Gründe für die Notwendigkeit, Kirchengebäude auch aufzugeben oder anderen christlichen Kirchen und Institutionen zu überlassen, hängen natürlich zusammen mit den Ressourcen, die die Kirche hat. Die eine Ressource, das sind zuerst die Menschen, die es gibt. Wir wissen, dass in den letzten Jahrzehnten die Zahl der Katholiken, überhaupt der Christen in unserem Land, stetig zurückgegangen ist. In Österreich machen die Christen noch immer über 50 Prozent aus. In Deutschland sind im Moment schon unter 50 Prozent Christen im ganzen Land, bei fast gleichbleibender Zahl der Gotteshäuser und Kirchen.
Das führt zur Frage: Haben wir im Verhältnis Personen und Kirchengebäude noch die richtige Relation? Und dann lautet die Frage: Wie kann man diese Gebäude in Zukunft auch erhalten? Viele Kirchen benötigen regelmäßig sehr viel Geld für die bauliche Erhaltung. Mit der geringer werdenden Zahl an Kirchenmitgliedern sinken natürlich auch die finanziellen Ressourcen, die die Diözesen haben. Und damit stellt sich die Frage, was man mit dem geringer werdenden Geld macht. Kann man wirklich einen Gutteil dieses Geldes in die Erhaltung von Kirchengebäuden investieren? Oder sagt man, dass die Nutzung des Geldes für andere pastorale Anliegen, für Personen etwa, wichtiger ist als der Erhalt so mancher Gebäude?
Steht eine Kirchenschließung auch für den symbolischen Abschied von einer Religion?
Natürlich sind Kirchen auch Symbolträger. Mit einer Kirche, mit einem Gotteshaus markiert eine Religionsgemeinschaft, dass sie hier präsent ist. Das ist ein sakraler Raum, die Umgebung sieht das. Das heißt, wenn man eine Kirche aufgibt, gibt man natürlich auch ein Symbol in diesem Raum auf, wenn dann daraus eine Kletterhalle wird oder ein Kultursaal. Insofern ist das natürlich ein Zeichen dafür, dass diese Religion in diesem Bereich an öffentlichem Einfluss verliert.
Mussten nicht schon immer im Laufe der Geschichte Gotteshäuser aufgegeben werden? Etwa im Josephinismus ...
Die Umnutzung beziehungsweise das Aufgeben, auch das Abreißen von Kirchen, ist kein modernes Phänomen. Wir sind es nicht mehr gewohnt, weil es dies seit dem Zweiten Weltkrieg kaum gegeben hat. Im Josephinismus gab es viele Klosteranlagen mit ihren Kirchen, die aufgelassen worden sind und wo später alle möglichen Nutzungen stattgefunden haben. Im Laufe der Geschichte war es immer wieder so, dass Kirchen entweder umgebaut, weggerissen oder woanders neu aufgebaut wurden. Für uns im 21. Jahrhundert ist das jetzt vielleicht neu, aber kirchengeschichtlich ist das kein neues Phänomen.
„Die Kirche zu klein, das Pfarrhaus zu verfallen“
Pallottinerpater Pfarrer Artur Stepien (Pfarre „Göttliche Barmherzigkeit“) über die Gründe der Schließung der Kirche Dreimal Wunderbare Muttergottes in Wien-Favoriten.
Die damalige Pfarre Dreimal Wunderbare Muttergottes wurde in einer Zeit gegründet, als durch Zuzug vieler Christen nach Favoriten der Bedarf an deren Betreuung drastisch anstieg: Es waren sowohl ein zusätzlicher Kirchenraum als auch Pfarr-Räumlichkeiten für Gruppenaktivitäten gefragt. In den letzten Jahren ist aber die Zahl der Besucher der Gemeinde bedingt durch sich ändernde Zusammensetzung der Bevölkerung, Todesfälle und Kirchenaustritte drastisch zurückgegangen. Der Aufwand für den Erhalt und Betrieb des nur mehr wenig genutzten Gemeindezentrums Dreimal Wunderbare Muttergottes war in den letzten Jahren erheblich.
Was bedeutet es für eine Pfarre, wenn die Kirche einer Teilgemeinde profaniert wird?
Pfarrer Artur Stepien: Schon seit der Gründung der Pfarre Göttliche Barmherzigkeit war der Pfarrgemeinderat bemüht, die Pfarre und Angebote in deren Teilgemeinden als Gesamtes zu denken: In welchen Teilgemeinden ist der pastorale Bedarf stärker, wo sind die Stärken der jeweiligen Teilgemeinde? Der Umzug ist wohl schmerzhaft, weil Räumlichkeiten, die wir mit schönen Erinnerungen verbinden, zurückgelassen werden müssen. Diese Maßnahme gibt der Pfarre allerdings die Chance, mit drei Priestern und knapper werdenden finanziellen Mitteln die Angebote im Pfarrgebiet in gebündelter Form aufrechtzuerhalten. Den Seelsorgern steht nach der Messe auch wieder mehr Zeit für den persönlichen Kontakt mit den Gläubigen zur Verfügung.
Wie werden die Gläubigen dieser Teilgemeinde, die ihre Kirche verlieren, integriert und betreut?
Die Pastoralassistentin und der Gemeindeleiter haben Räumlichkeiten in der Gemeinde Königin des Friedens bezogen und begleiten dort die Integration in die bestehende Gemeinde. Durch den Umzug des Seniorenklubs der Dreimal Wunderbaren Muttergottes in Königin des Friedens-Räumlichkeiten wachsen die Senioren der beiden Gemeinden zusammen und das Bestehen eines Seniorenklub-Angebotes in der Quellenstraße wird so für die nächsten Jahre abgesichert. Die Rosenkranz-Gruppe betet diesen in den Kirchen Königin des Friedens und Sankt Anton von Padua.
Wer wird diese Gebäude (Kirche und Pfarrhaus) übernehmen?
Seit über zehn Jahren wurden Lösungen für das Ensemble gesucht. Christliche Gemeinschaften wurden kontaktiert, lehnten aber ab: die Kirche zu klein, das Pfarrhaus zu verfallen. Auch Projekte eines Gemeindezentrums in einem Wohnhaus wurden entwickelt, kamen aber nicht zustande: zu kleiner Grund, Denkmalschutz. Nun wurde ein Privatmann gefunden, der Interesse an den Gebäuden hatte: Er will das Pfarrhaus als Wohn und Geschäfts-Räumlichkeiten adaptieren. Die ehemalige Kirche soll unter Beachtung der Denkmalschutz-Auflagen künftig als Atelier genutzt werden.