Diabetes mit Humor begegnen
PassionswegeVerena Vondrak ist eine heitere Person, ihre Leichtigkeit wirkt auf ihr Gegenüber ansteckend. Und sie hat einen besonderen Beruf, sie ist Clownin. Bereits in der Schulzeit hat sie ihre Schulkollegen mit Späßen unterhalten. Nach der Schule ging es als Au-pair nach Paris. Dort erhielt sie einen Schicksalsanruf. Der Vater hatte sich das Leben genommen. Wie nun weiter? Sie entschied sich, vorerst in Frankreich zu bleiben. Dann kam ein Anruf der großen Schwester: „Sie hat mir ans Herz gelegt, eine Clownschule zu besuchen. Weil ich da gut hinpassen könnte“, erinnert sich Vondrak. „In der Ausbildung konnte ich den Tod meines Vaters durch Leichtigkeit und Lachen ein Stück weit verarbeiten.“ Nach weiteren künstlerischen Ausbildungen trat sie Anfang der 1990er-Jahre den Wiener CliniClowns bei.
Clownerie im Krankenhaus
Trauer könne man ja nicht weglachen, sagt Verena Vondrak, aber durch den Clown könne der Blickwinkel auf die Trauer verändert werden. Das hat sie in ihren vielen Jahren als therapeutische Clownin im Sankt Anna Kinderspital mehrmals erlebt. 3o Jahre hat sie dort gearbeitet, viele Jahre war sie künstlerische Leiterin der Organisation. „Schwerstkranke Kinder wollen nicht über ihre Krankheit definiert werden. Sie wollen so lebendig genommen werden, wie sie sind. Krankheit und Humor passen in unseren Köpfen nicht zusammen. Aber für viele ist es gerade dann eine Erleichterung.“ Im Jahr 2008 gründete Vondrak gemeinsam mit sieben anderen Clowninnen und Clowns das Theater Olé im dritten Wiener Gemeindebezirk. Mit ihrem Mann, dem Clown und Geschichtenerzähler Hubertus Zorell, hat sie zwei Kinder. „Ich bin auch Bonus-Mama und mittlerweile Bonus-Oma“, freut sich Vondrak.
Trotz Diabetes: Hoffnung und Zuversicht
In ihrer Arbeit als therapeutische Clownin ist Verena Vondrak vielen sterbenskranken Kindern begegnet. Einmal war sie bei einem Begräbnis eines vierjährigen Buben dabei. Die Mutter hatte sie dazu eingeladen. Für Vondrak damals ein prägendes Erlebnis: „Ich war am Grab und habe mir dort die Nase aufgesetzt. Die Angehörigen haben sich gewünscht, dass ich was Schönes mache. Also habe ich Seifenblasen gepustet und alle umarmt“, erinnert sie sich. „Das war für mich ein Sinnbild dafür, dass der Clown noch für etwas anderes steht. Nichts kann weggelacht werden, aber ein Stück Hoffnung oder Zuversicht kann gegeben werden. Der Clown kann eine andere Sicht geben.“
„Nichts kann weggelacht werden, aber ein Stück Hoffnung oder Zuversicht kann gegeben werden.“
Verena Vondrak
Und plötzlich: Diagnose Diabetes
Es war im Jahr 2019, als sich das Leben für Verena Vondrak schlagartig änderte. Sie erhielt die Diagnose: Diabetes Typ 1. Sie musste sich neu zurechtfinden. Ab sofort musste sie viel rechnen und ihren Blutzuckerspiegel beobachten. Bei Unterzucker bekommt sie Heißhunger, beginnt zu zittern oder ist manchmal etwas verwirrt. Wenn sie als Clownin auf der Bühne steht, geht das Adrenalin hinauf und das kann auch einen Einfluss auf den Zuckerwert haben. Der Wert steigt. Sollte sie einmal zu niedrigen Zucker haben, dann liegen auf der Bühne geheim verteilt Traubenzucker und Bananen. Das hilft schnell.
„Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden!“
Motto der Zuckererbsen,
nach Mark Twain
Schock durch Diabetes
Nach dem ersten Schock über ihre im Alter von 60 Jahren aufgetretene Diabetes-Krankheit, besann sich Verena Vondrak auf das für sie Wesentliche. Der Humor, die Erleichterung, das Lachen. Durch ihre jahrzehntelange Arbeit als Clownin im therapeutischen Kontext wusste sie, was Menschen mit schweren Diagnosen brauchen könnten. Also gründete sie die Truppe „Die Zuckererbsen“. Dort arbeitet sie mit drei weiteren Clowninnen zusammen. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, mit Diabetes lebende Menschen zu begleiten.
Gib dem Affen Zucker
„Johnnybär – der furchtlose Affe“ nennt sich das erste Stück der Zuckererbsen, die damit das Thema Diabetes auf eine künstlerische Art ansprechen wollen. Erzählt wird die Geschichte von einem Affen, der an Diabetes erkrankt. Einmal hat er zu hohen Zucker und muss mit einem Wal um die Wette schwimmen, um sich genug zu bewegen. Einmal hat er zu niedrigen Zucker und ein Monster kommt. Und dann ist er manchmal auch echt sauer auf den Zucker. Gezeigt wird das Stück im Theater Olé.
Rosige Zukunft
In Zukunft wünscht sich Verena Vondrak genügend finanzielle Unterstützung für ihr Projekt, damit möglichst vielen Familien mit Diabetes-Angehörigen kostenlos geholfen werden kann. „Wir wollen gerne in schwierigen Situationen begleiten und die Familie entlasten durch unsere fröhliche Präsenz“, so Vondrak. Und wie sieht die Clownfrau ihre Zukunft mit der Krankheit vor sich? Mit Sicherheit rosig: „Ich werde heuer 64 Jahre alt und fühle mich jung. Ich habe so ein schönes Leben, einen tollen Partner und tolle Kinder. Ich habe mein Leben bis jetzt gut gemeistert. Der Humor ist ganz wesentlich. Der Zucker ist ein Begleiter, aber das Lachen ist noch der bessere Begleiter!“

Zur Person
CliniClowns:
CliniClowns:
Der gemeinnützige Verein wurde 1991 zur Förderung und Erforschung der Betreuung kranker Menschen durch Clowns gegründet. Der Verein griff die aus den USA stammende, vor allem von Patch Adams betriebene Idee der Spitalclowns auf.
Spenden für die Zuckererbsen:
Die Zuckerbsen freuen sie über jede Spende für ihre Arbeit.
IBAN: AT 60 12000 00787070382
▶ diezuckererbsen.at

Passionswege auf radio klassik Stephansdom
Am 8. 3. um 19:00 Uhr erzählt die Clownfrau Verena Vondrak über ihre Arbeit.
Gestaltung der Sendung: Ella Necker.
(Da Capo: 12.3. um 21:00 Uhr)
▶ radioklassik.at