Wie ein Totenschädel das Klosterleben in Wien auflockert

Anekdoten
Ausgabe Nr. 46
  • Heiter bis heilig
Autor:
Die Erinnerung an den sicheren Tod sollte man dabei im Blick haben. ©Manfred Pollnow

Heitere Anekdoten aus dem Klosterleben: Entdecken Sie die unerwartete Geschichte eines Totenschädels im Speisesaal der Karmelitinnen in Wien.

Bernadette Spitzer teilt Kurioses und Erheiterndes aus der Welt der Kirche. Diesmal geht es um einen Totenschädel.

Werbung

Als Kandidatin Maria 1976 ins Kloster der Karmelitinnen in Wien eintrat, befand sich dieses im 14. Bezirk. Sie wurde durch das Haus geführt und kam in den Speisesaal, das Refektorium. Dort erschrak sie, denn auf dem vordersten Tisch lag gut sichtbar ein Totenschädel.  Dieser inspirierte sie später zu folgenden Versen:

Es ist ein Raum so still und stumm,
der nennt sich Refektorium.
Trittst du dort ein, so grinst dich an
der Schädel von dem Knochenmann,
der dich ermahnt: „Iss ordentlich!
Sonst siehst du bald so aus wie ich.“

Beleuchten, verstauen und verschenken

Man übersiedelte in den 13. Bezirk. Der Schädel wurde ebenfalls mitgenommen und im neuen Speisesaal platziert. Ein Elektriker, der damals im Haus arbeitete, sah ihn, erschrak aber offenkundig nicht, denn er fragte belustigt: „Hallo, Schwestern, soll ich euch den auch beleuchten?“ Die Schwestern lehnten lachend ab.

Jahre später befanden sie, man könne weiteren Kandidatinnen den Anblick des Schädels nicht mehr zumuten. So wurde er in einer Schachtel in einem Regal verstaut und dort vergessen.
Wieder vergingen Jahre, bis eine nächste Kandidatin im Regal Ordnung machte und ihn entdeckte. Sie blieb aber cool, lachte und rief erstaunt: „Da ist ja ein Knochenmaxl drin!“
Um weitere Überraschungen zu verhindern, wurde der „Knochenmaxl“ schließlich der Anatomie der Uni Wien geschenkt.

Autor:
  • Bernadette Spitzer
Werbung

Neueste Beiträge

| Soziales
Stresstest Dezember

Advent und Weihnachten als besinnliches Fest der Liebe – oft trifft das heute nicht mehr zu: Denn Konsumwahnsinn, Mental Load, Diskussionen in der Familie und Stress überlagern die Idylle. Was tun, wenn der Dezember zum Weihnachts-Chaos wird?

Boten Gottes

Engel boomen - seit Jahren. Während sie in der Esoterikszene vor allem durch Verkitschung, Verharmlosung und Verniedlichung präsent sind, kennt die Heilige Schrift als Boten Gottes.

| Kunst und Kultur
Literaturnobelpreisträger Jon Fosse

Der norwegische Literaturnobelpreisträger Jon Fosse hat im niederösterreichischen Hainburg ein zweites Zuhause gefunden. Hierher kann er sich zum Schreiben zurückziehen. Ein aufschlussreiches Interview mit einem der prägendsten Schriftsteller unserer Gegenwart.