Der Petersdom in "Minecraft"
HirtenhundReligionsgründer, aufgepasst! Wusstet ihr, dass es nur 288 Bruchsteine, 21 Bruchsteintreppen, eine Eichenholztür, 10 Leitern, 2 Bruchsteinmauern, 10 Fackeln, 10 gelbe und 10 weiße Glasscheiben braucht, um eine Kirche zu bauen? Selbst angesichts massiv gestiegener Baukosten ein regelrechtes Schnäppchen! Tatsächlich geht’s dabei um den Bau einer Kirche im Rahmen des Computerspiels „Minecraft“. Es gilt als eines der erfolgreichsten Computerspiele überhaupt – Gamer können in einer Online-3D-Welt Konstruktionen wie Gebäude aus würfelförmigen Blöcken erschaffen, aber natürlich auch die Welt erkunden, Rohstoffe schürfen und gegen Monster kämpfen. Vor drei Jahren wurde der Linzer Mariendom digital geadelt und in Minecraft nachgebaut. Nun soll der Petersdom folgen.
Petersdom in "Minecraft": Fortschritt oder Flucht?
Der digitale Zwilling des Petersdoms ist Teil eines KI-Projekts des Vatikans und von Microsoft, lese ich. Von Drohnen wurde 400.000 Fotos der Basilika gemacht und mithilfe von künstlicher Intelligenz zusammengefügt. Über eine eigene Website (virtual.basilicasanpietro.va) kann man ab sofort den Petersdom virtuell besuchen. Die Botschaft ist eindeutig: Die Kirche ist im 21 Jahrhundert angekommen. Oder lautet sie vielleicht doch eher: Katholische Kirche 2024 – im realen Raum gescheitert, virtuos in virtuellen Welten? Tatsächlich sollte man sich fragen, was die Virtualisierung für Nebeneffekte zeitigt. Werden wir zu Avataren, ja, Witzfiguren unserer selbst? Bastelt sich die Minecraft-Community demnächst mittels KI nicht nur die eigenen Kirchen, sondern gleich auch einen eigenen Päpstinnen-Gottesdienst dazu? Wird es ein Vatikan-Wolfenstein geben samt Splatter-Gemetzel in den Katakomben?
Minecraft: Zwischen Innovation und Realität
Bitte mich nicht falsch zu verstehen – ich bin kein Kultur-Defätist. Christentum bedeutet liebevolle Begleitung von Welt-Werdung (also weder deren Ablehnung noch deren Vergöttlichung!). Insofern gibt es nichts Weltliches, was uns fremd sein sollte. Aber ich bin zugleich Realist genug, zu sehen, dass die Virtualisierung nicht zwingend real-religiöse Übersprunghandlungen mit sich bringt. Digitale Zockung ist nicht schon religiöse Verlockung. Aber die Kirche bleibt sich auch im Digitalen aktuell treu und denkt in langen Zeiträumen. So zeugen die Ladezeiten der neuen Petersdom-3D-Website davon, dass man die zigtausend Datensätze offenbar auf zwei alten Windows-95-PCs mit Handkurbelbetrieb und analogem 56k-Modem geparkt hat. Ein Hauch von Ewigkeit weht durch den digitalen Äther …