Der Papst vom Ende der Welt

Sein Leben vor dem Pontifikat
Ausgabe Nr. 17
  • Papst
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Papst Franziskus' Klimaappell: Wiener Umweltbeauftragter analysiert 'Laudate Deum'. ©Vatican Media

„Brüder und Schwester, guten Abend!“ Diese Worte standen am Beginn des Pontifikats von Papst Franziskus. Aber was war davor? Woher kam der neue Papst? Welche Erfahrungen hatte er bisher gemacht und was hatte ihn geprägt? Eine Spurensuche.

Jorge Maria Bergoglio wurde am  17. Dezember 1936 als ältestes von fünf Kindern italienischer Einwanderer aus der Gegend um Turin in Buenos Aires geboren. Sein Vater José Mario Francisco war als Buchhalter bei der Eisenbahn beschäftigt, seine Mutter Regina Maria war eine engagierte Ehefrau, die sich der Erziehung ihrer fünf Kinder widmete. Ein gutes und enges Verhältnis hatte der Papst auch zu seiner Großmutter Rosa, die gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem Sohn – dem Vater des Papstes – nach Argentinien ausgewandert war und ganz in der Nähe wohnte. Die Großmutter soll es auch gewesen sein, die Jorge nicht nur den piemontesischen Dialekt beigebracht hat, sondern auch den katholischen Glauben nähergebracht hat.
 

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Papst Franziskus: Vielseitig interessiertes Multitalent

Der diplomierte Chemiker galt zeit seines Lebens als Multitalent und war vielseitig interessiert – ein guter Koch, Opernliebhaber. Er schätzte Friedrich Hölderlin, Jorge Luis Borges und Fjodor M. Dostojewski und war ein Freund der griechischen Klassik. Zudem war er ein sehr guter Schwimmer, obwohl er seit seiner Kindheit mit Lungenproblemen zu kämpfen hatte. Er war Fußballfan und Unterstützer sowie Ehrenmitglied des argentinischen Erstligisten San Lorenzo de Almagro.  

Mit 21 zu den Jesuiten

Bergoglios kirchliche Laufbahn begann mit seinem Eintritt in den Jesuitenorden als 21-Jähriger. Kurz nach seiner Priesterweihe 1969 brachte er es 1973 zum Provinzial seiner Ordensgemeinschaft in Argentinien. Von 1980 bis 1986 stand er als Rektor der Theologischen Fakultät von San Miguel vor. Anschließend ging es für einen Forschungsaufenthalt an die vom Jesuitenorden getragene Philosophisch-Theologische Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main. Danach wirkte er als geistlicher Begleiter in Córdoba.

1992 wurde er zum Erzbischof-Koadjutor von Buenos Aires, 1998 zu dessen Erzbischof ernannt. Schon in dieser Zeit ließ er immer wieder ein bemerkenswertes und zum Teil ungewöhnliches Auftreten erkennen: Er zeigte sich als überaus bescheiden. Benutzte mit Vorliebe öffentliche Verkehrsmittel statt eines Autos. Bewohnte ein Apartment statt einer Bischofsresidenz und kochte auch weiterhin für sich selbst. Von Beginn an setzte er sich allerdings mit Nachdruck, Entschlossenheit und Durchsetzungskraft für Benachteiligte ein. Zu Weihnachten und Ostern besuchte er aus Überzeugung und nicht nur aus Tradition ein Krankenhaus für arme Kinder oder ein Gefängnis und wusch den Kranken oder Gefangenen die Füße.  „Mein Volk ist arm und ich bin einer von ihnen“, sagte er mehr als einmal. 2001 machte ihn Papst Johannes Paul II. zum Kardinal. Von 2005 bis 2011 war er Vorsitzender der argentinischen Bischofskonferenz. 

Papst war gemäßigt und dialogbereit

Theologisch war er jemand, der eher gemäßigt und dialogbereit war, in seiner Zeit als Ordensmann und Erzbischof aber eher wortkarg und vor allem: medienscheu. Seine Worte hatten allerdings schon in dieser Zeit immer Gewicht im traditionell katholischen Argentinien, in dem sich 90 Prozent der 40 Millionen Einwohner zum katholischen Glauben bekennen. Zur Tagespolitik hielt er stets Distanz und lehnte auch eine politische Rolle von Priestern ab. Das hinderte ihn allerdings nicht daran, immer wieder mehr soziale Gerechtigkeit einzufordern und die politischen Eliten Argentiniens für ihre Defizite in der Sozialpolitik zu kritisieren. 

„Mein Volk ist arm ...“

Theologisch geprägt wurde der spätere Papst Franziskus unter anderem von Lucio Gera, einem Vater der Theologie der Befreiung – auch wenn er sich von der in Lateinamerika in den 1980er und 1990er Jahren populären Theologie der Befreiung, die sich als Stimmer der Armen verstand, früh distanzierte. Dass Jorge Maria Bergoglio nach dem Tod von Lucio Gera 2012 veranlasste, dessen Leichnam in der ansonsten den Bischöfen vorbehaltenden Krypta der Kathedrale von Buenos Aires zu bestatten, wurde von der argentinischen Bevölkerung erstaunt zur Kenntnis genommen und als Zeichen der Wertschätzung Bergoglios für die „Kirche der Armen“ interpretiert.  

Logo radio klassik Stephansdom.
Logo radio klassik Stephansdom. ©David Kassl

Radiotipp: Übertragung des Papst-Begräbnisses

radio klassik Stephansdom übertragen am Samstag, 26. April die Beisetzung von Papst Franziskus via Übernahme der Übertragung von Radio Vatikan ab 10 Uhr live. Es kommentieren Silvia Kritzenberger und Pater Martin Wolf.

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Autor:
  • Portraitfoto von Andrea Harringer
    Andrea Harringer/KAP
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