Der Kardinal und die Weltkirche
Geschätzter Gesprächspartner, angesehener TheologeWir machen einen Blick auf einige der wichtigsten Stationen seines Wirkens.
Weltkirche in den 1990ern
Februar 1992: „Die letzte Fassung des neuen katholischen Welt-Katechismus ist von der zuständigen Arbeitskommission einstimmig angenommen worden und soll Papst Johannes Paul II. zur Durchsicht und Approbation vorgelegt werden“, meldete die Katholische Presseagentur Österreich. Dass es dazu kam, daran war nicht zuletzt der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn maßgeblich beteiligt.
1987 hatte eine Kommission unter der Leitung von Kardinal Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., begonnen eine Darlegung der kirchlichen Glaubenslehre zu verfassen. Sie sollte so konzipiert sein, „dass der Leser, wenn er dieses Buch in die Hand nimmt, sagen kann: Hier erfahre ich, was die katholische Kirche lehrt - nicht, was dieser oder jener Theologe sagt“, erzählte Kardinal Schönborn 2017 zum 25-Jahr-Jubiläum des Erscheinens der Katechismus. „Sehr bald nach dem ersten Entwurf dieser Glaubenslehre wurde klar, dass es eine Instanz braucht, die das Ganze vereinheitlicht“, so Kardinal Schönborn weiter. Kardinal Ratzinger entschied, den heutigen Wiener Erzbischof mit der Aufgabe des Redaktionssekretärs zu betrauen, der einlangende Änderungen sichten, begutachten und einarbeiten sollte. Im Laufe der folgenden Jahre entstand ein Werk, das die katholische Glaubens- und Morallehre angesichts der aktuellen Lebenssituation darstellte und dabei auch neue Themen aus dem Bereich des Umweltschutzes, soziale Fragen, Fragen der Bioethik und jener nach „Krieg und Frieden“ einbezog. Vor allem aber ein Buch, das betonte, dass „Christus die Mitte aller Dinge ist“. Präsentiert wurde der Welt-Katechismus im Dezember 1992 von Papst Johannes Paul II. in Rom. Allein in den ersten zehn Jahren wurden acht Millionen Exemplare in 50 Sprachen verkauft.
Ein Katechismus für die Jugend
2010 wurde unter dem Patronat von Kardinal Christoph Schönborn aus dem Welt-Katechismus heraus der sogenannte „Youcat“ entwickelt. Die Erarbeitung übernahmen Priester und Religionspädagogen aus dem deutschsprachigen Raum, aber auch rund 50 Jugendliche waren am Entstehungsprozess beteiligt. „So ist das Buch insgesamt ein Ausdruck einer zutiefst vom Evangelium geprägten Jugendkultur geworden“, sagte Kardinal Schönborn bei der Präsentation. Papst Benedikt XVI. verfasste für das Werk ein Vorwort. Die zentrale Approbation und damit die Herausgeberschaft des Werkes nahm die Österreichische Bischofskonferenz im März 2010 vor.
Fastenexerzitien für Johannes Paul II.
1996 hielt der Wiener Erzbischof die Fastenexerzitien für Papst Johannes Paul II. und die Mitglieder der römischen Kurie, die der Papst am Ende als eine Arbeit bezeichnete, in die Kardinal Schönborn „sehr viel Kompetenz als Theologe, als Hirt und als Christ“ gelegt habe. In 20 Meditationen zeichnete der Kardinal den Weg der Kirche in dieser Welt, der zwar durch zahlreiche Hindernisse gekennzeichnet sei, die aber nicht zu Pessimismus führen dürften. Eindringlich sprach er von der Notwendigkeit einer Besinnung auf die zentrale Bedeutung Christi für die Kirche. Man müsse sich die Frage stellen, ob sich „die Kirche nicht zu viel mit sich selbst beschäftigt“.
Weltkirche: Zweimal Konklave
Gleich zweimal nahm Kardinal Schönborn an einer Papstwahl teil. Das erste Mal 2005 als Kardinal Joseph Ratzinger zum Papst gewählt wurde und als Benedikt XVI. sein Amt ausübte. Und ein zweites Mal 2013 als die Versammlung der Kardinäle den Erzbischofs von Buenos Aires Jorge Mario Bergoglio, der als Papst Franziskus in die Geschichte eingehen wird, für das Petrusamt erkoren. Beide Male zeigte sich der Kardinal nach der Wahl ausgesprochen erfreut über den Ausgang und überzeugt davon, dass Gott den Besten für das Petrusamt gewählt habe.
Mitglied in Synodenrat und Dikasterien
Auch in einigen vatikanischen Behörden und Gremien war Kardinal Christoph Schönborn im Laufe seiner Amtszeit als Erzbischof von Wien tätig.
So gehörte und gehört Kardinal Schönborn mehreren römischen Dikasterien – den Zentralbehörden der vatikanischen Kurie – an, unter anderem dem Dikasterium für die Glaubenslehre, jenem für die Orientalischen Kirchen, für die Förderung der Neuevangelisierung und der Internationalen Katholischen Kommission für Migration. Er ist außerdem auch Mitglied der Kardinalskommission für die Vatikanbank.
Viele Jahre war er auch Mitglied des Rates der Weltbischofssynode. Das ist jene Kommission, die für die Vorbereitung und Durchführung der Generalversammlungen der Weltbischofssynode - einem Beratungsgremium für den Papst verantwortlich ist. Kardinal Schönborn nahm 1985 zum ersten Mal an einer Synode teil. 1997 wurde er in den Synodenrat zur Vorbereitung der außerordentlichen Synode für Europa gewählt, 2012 erstmals in den Rat zur Vorbereitung von ordentlichen Bischofssynoden und seither auch immer wieder. Im Oktober 2024 hat die katholische Weltsynode einen neuen Synodenrat gewählt, dem Kardinal Schönborn aufgrund seiner Emeritierung als Erzbischof von Wien nicht mehr angehören wird.
Kardinal Schönborn präsentiert Papstschreiben
Ein Höhepunkt in der „Synodenkarriere“ des Kardinals wollen wir hier nicht unerwähnt lassen: Nach der 14. ordentliche Vollversammlung der Bischofssynode zur Familie im Oktober 2015 war es der Wiener Erzbischof, der auf Wunsch von Papst Franziskus das mit Spannung erwartete offizielle Schlussdokument „Amoris laetitia“ (Freude der Liebe) im Vatikan präsentierten durfte. Neben dem Wiener Erzbischof waren auch der Generalsekretär der Bischofssynode, Kardinal Lorenzo Baldisseri und das italienische Ehepaar Francesco und Giuseppina Miano, bei dem Medientermin dabei. Papst Franziskus bekräftige mit „Amoris laetitia“ den Weg der pastoralen Neuausrichtung der Kirche, in der alle Menschen ihren Platz haben und in der dem persönlichen, geschulten und gereiften Gewissen große Bedeutung zukommt, so Kardinal Schönborn damals.
Internationale Schlagzeilen
Immer wieder hat Kardinal Schönborn auch viel beachtet international Position zu Fragen der Bioethik, des Sterbens in Würde, des Lebensschutzes und dem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt bezogen. 2004 etwa rief er bei einem Fastenvortrag in der Kathedrale Notre-Dame in Paris zu einem europaweiten Engagement gegen die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe auf. 2013 würdigte der Kardinal die Bemühungen der Europäischen Bürgerinitiative „One uf us“, die sich unter anderem dafür einsetzte, dass keine EU-Mittel für die Vernichtung von Embryonen verwendet werden sollen und rief zur Unterzeichnung auf. 2014 machte er in einem Offenen Brief in der Zeitung „Le Figaro“, allen Franzosen Mut, die Bemühungen zu einem europaweiten Verbot der Leihmutterschaft und der nichtehelichen künstlichen Befruchtung zu unterstützen.
Weltkirche: Von Syrien bis Indonesien
Und der Kardinal unternahm auch im Laufe seiner Amtszeit zahlreiche Reisen – immer und überall mit dem Ansinnen in einen Dialog, oft auch einen interreligiösen Dialog zu kommen und seine Solidarität mit den ansässigen Christen zu zeigen.1999 besuchte er Sri Lanka und – in Begleitung einer Delegation der Wiener Caritas – in den Kosovo. 2001 reiste er in den Iran, 2002 in die afrikanische Republik Zambia. 2004 war es ihm ein Anliegen nach der verheerenden Tsunami-Katastrophe nach Indonesien zu fahren und dort seine Bereitschaft zur Wiederaufbauhilfe zu deponieren. 2005 traf Kardinal Christoph Schönborn in Bukarest mit Patriarch Teoctist I. zusammen. 2014 nahm Kardinal Christoph Schönborn als päpstlicher Sondergesandter an den Feiern zum 25. Jahrestag der offiziellen Wiedererrichtung der mit Rom verbundenen griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine teil. 2016 reiste der Kardinal zu einem Solidaritätsbesuch in den Irak und auch nach Ägypten wo er Papst-Patriarch Tawadros II., Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche traf und damit ein Zeichen der Vertiefung der Beziehungen zwischen der katholischen und koptischen Kirche setzte. 2021 hielt sich der Kardinal in Syrien auf und richtete danach einen eindringlichen Appell an die Internationale Staatengemeinschaft, die syrische Bevölkerung nicht zu vergessen. 2022 ging es nach Bahrain, wo er am „Bahrain Forum for Dialogue" und wesentlichen Programmpunkten des Besuchs von Papst Franziskus in dem Golfkönigreich teilnahm. 2023 traf der Kardinal in Riad, Saudi Arabien mit dem Generalsekretär der Muslim World League, Muhammad Al-Issa, zusammen und wies bei der Begegnung unter anderem auf die Bedeutung der Religionsfreiheit hin.