Der Dekan ohne Amt
Das Amt des Dekans bzw. der Dekanin hört sich nach Gestaltungsmacht, nach Leitlinienkompetenz und Durchgriffsrecht an einer Fakultät an. Kurz: nach einem Amt, das man(n) anstrebt, wenn man(n) an Unis was werden will. Die Realität sieht anders aus: Bürokratie, Verwaltung, kaum Zeit für eigene Lehre oder Forschung. So was strebt man(n) eigentlich nicht an – es ereilt einen alle paar Jahre wie ein Fallbeil. Und: Die Kompetenz, die das Amt erfordert, ist vor allem die eines guten Verwalters. Das sagt der gesunde Menschenverstand. Der Vatikan hingegen sagt: „No!“ Es braucht ein eigenes „Nihil obstat“ – eine Unbedenklichkeitsprüfung, was die lehramtliche Linientreue des Kandidaten oder der Kandidatin zumindest mal an kirchlichen Hochschulen betrifft.
Im Fall des Südtiroler Moraltheologen Martin Lintner liegt diese prinzipiell für seine Lehrbefähigung an der Brixner Philosophisch-Theologischen Hochschule vor, wo er seit 12 Jahren regulärer und international im Bereich Tier- und Sexualethik renommierter Professor ist. Seine Hochschule hat ihn im vergangenen Herbst zum neuen Dekan gewählt. Auch der Südtiroler Bischof Ivo Muser hat die Wahl begrüßt. Doch aus Rom kam nun ein „No! Nix Dekan!“ Weil – so die spärlichen Informationen – manche seiner Aussagen zur Sexualethik nicht lehramtskonform seien. Rom und die Dinge unter der Gürtellinie. Das geht nie gut aus. Skurrile Randnotiz: Den hohen Verwaltungsjob darf er deswegen nicht antreten, weiterhin lehren als Professor an der Uni aber sehr wohl! Das verstehe mal jemand!
Die Folge war ein fachtheologisches Proteststürmchen. Viel Solidarität wurde geäußert. Die kostet ja nix. Auch viel Wut auf „die da in Rom“ wurde laut. Vorneweg und mit besonderer Gründlichkeit: die deutschen theologischen Vereinigungen, die eine „kuriale Machtdemonstration“ und einen „Einschüchterungsversuch“ bar jeder Grundlage orteten. Offenbar wolle Rom die theologische Forschung und Lehre „am Gängelband der Disziplin führen“, so die Wissenschaftler. Das mache Aufrufe zum Dialog unglaubwürdig.
Eieiei, viel zerschlagenes Porzellan für einen Titel ohne Mittel … Weitaus klüger wirkte dagegen die Antwort Lintners selber. Der dankte für die Solidarität, erkannte institutionelle Probleme in der Kurie (eine Aussage, der gefühlt 110 Prozent der Katholiken zustimmen), hoffte auf mehr Transparenz bei den Verfahren und auf ein Gespräch mit Rom, um die Dinge zu klären. Die Dinge. Ah, darüber haben wir noch gar nicht gesprochen. Weil Inhalte in dieser aufgeregten Debatte tatsächlich überhaupt nicht auf den Tisch kamen. Am Ende bleiben so – wieder mal – viele Frustrierte und Verlierer.