Cyrill & Method: die "Geheimnisse" einer lebendigen Pfarre
30 Jahr-JubiläumFür Pfarrer Joseph Bolin liegt das Geheimnis dieser Pfarre „im Zusammenkommen und im Zusammenleben von Menschen, die ganz unterschiedliche Zugänge zum Glauben, zum Kirchesein haben“. Bolin: „Konservativ und progressiv sind hier vertreten, wenn auch manchmal in einer gewissen Spannung, aber sie ergänzen sich gegenseitig.“ Was die Pfarre für die Kleinen und für die junge Generation anbietet? „Im Bereich der Liturgie gestalten wir im Advent und in der Fastenzeit jede Woche einen eigenen Gottesdienst für Kinder, dann einmal im Monat einen mit der ganzen Gemeinde als Kindermesse“, sagt Bolin. Auch der „Zwergentreff“ ist gut besucht, mit Kindern bis zum Vorschulalter. Weiters gibt es einen Kinderchor, für ältere Kinder eine sehr große und aktive Pfadfindergruppe und eine Jugendgruppe. „Die Gruppe der Ministrantinnen und Ministranten gestaltet nicht nur den Gottesdienst mit, sondern hier entstehen Freundschaften, die für viele ein wichtiger Teil ihres sozialen und kirchlichen Lebens sind“, zählt Bolin auf.
Das „Juli-Team“ gestaltet einmal im Monat eine Jugendmesse vor allem für die Jugendlichen, die sich auf die Firmung vorbereiten. Bolin: „Wir hatten schon einmal über 100 Firmlinge, jetzt sind es immer noch um die 45. Viele dieser Mädchen und Burschen sind oft gar nicht hier wohnhaft, sondern hörten von anderen von unserer Firmvorbereitung, und diese Jugendmessen sind auch ein Teil dieses Erlebnisses. Wir haben auch engagierte, vorwiegend junge Leute, die dann die Firmgruppen begleiten.“ Obendrein treffen sich an die 20 junge Leute regelmäßig in der neuen Jugendgruppe. Ob auch Neues gemacht wird? „Wir probieren immer wieder Neues, etwa die Worship Night einmal im Monat an einem Freitagabend, ein relativ junges Projekt seit drei Jahren, das nicht explizit als Jugendangebot beworben wird, aber viele junge Leute anzieht“, betont Bolin: „Mit Gebet und Gesang, ausgerichtet auf die Begegnung mit Jesus im Allerheiligsten Sakrament.“ Auch die „Wärmestube“ der Pfarrcaritas ist ein relativ junges Projekt, gemeinsam mit der Pfarre Stammersdorf. Bolin: „Sie ist ein Dienst an den oft einsamen und auch obdachlosen Menschen, die in Kontakt kommen können mit anderen Leuten, oder sich im Winter einfach aufwärmen können - mit einem guten gekochten Mittagessen.“
Das „Vater-Kind-Wochenende“
Für die stellvertretende Pfarrgemeinderatsvorsitzende Barbara Schick, sie lebt seit fast 30 Jahren in der Pfarre, ist es entscheidend, dass immer wieder vieles hinterfragt wird. „Was braucht die Gesellschaft jetzt gerade von uns als Kirche, was können wir anbieten, um Menschen zu zeigen, dass Kirche ein Ort der Sicherheit sein kann, ein Ort der Gemeinschaft?“, fragt sie: „Und das, obwohl wir in unserer Pfarrgemeinde sehr unterschiedliche Spiritualitäten haben, Menschen unterschiedlichster Herkunft, mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen, die manchmal schwierig unter einen Hut zu bringen sind.“ Schick: „Wir überlegen immer wieder miteinander, was wir anbieten können, welche Projekte wir starten können. Dann probieren wir dies aus. Manches gelingt, manches verläuft wieder im Sand.“ Dieses Miteinander-im-Dialog-Bleiben macht für sie ein „Geheimnis“ von Cyrill und Method aus. „Wir bieten immer wieder auch niederschwellige Angebote an, einen Familienspaziergang mit Familien etwa, wir haben Spielestationen beim Fronleichnamsfest, wo ganz viele mitmachen, die sonst nicht so beheimatet sind in unserer Kirche“, sagt sie: „Die Kinder werden bei großen Festen eingebunden, beim Fronleichnamsfest, beim Erntedankfest, zu Pfingsten, auch am Gründonnerstag gab es eine eigene Fußwaschung für Kinder.“ Schick: „Wir versuchen, die Materialien kindgerecht so aufzubereiten, dass die Kinder gut hineinwachsen können in die Geschichten, die sie von Jesus hören und die sie gut verstehen können. Wir arbeiten da auch ganz stark mit dem Evangelium in leichter Sprache.“ Hier wirkt ein großes Kinderliturgie-Team. In der Pfarre werden noch immer jährlich über 60 Kinder auf die Erstkommunion vorbereitet. „Neben den klassischen Familienurlauben gibt es bei uns ein Vater-Kind-Wochenende, wo Väter drei Tage mit ihren Kindern Urlaub machen, und die Mamas damit auch Urlaub bekommen“, zählt Schick auf: „Es ist immer wieder aufsehenerregend, wenn 45 Väter mit ihren Kindern in einer Dorfkirche aufmarschieren und dort am Sonntag die Messe mitfeiern. Da passiert ganz viel unter den Kindern, aber auch unter den Vätern miteinander.“ Wichtig sei auch das Willkommen-Team. „Wir haben zahlreiche Menschen, die die Leute am Kircheneingang begrüßen und die Liederhefte verteilen. Schick: „Grundsätzlich besprechen wir immer wieder auch das Thema Frauen in der Kirche. Welche Rollen können Frauen bei uns übernehmen? In welcher Form können auch sie präsent sein, vorne im Altarraum?“ Und Schick weiter: „Das macht Cyrill und Method aus. Es brodelt immer irgendwas, es köchelt etwas so vor sich hin und dann entstehen neue Dinge.“ So wird es im heurigen Jubiläumsjahr auch einen Abend geben, „wo Leute aus den verschiedenen Ländern uns in ihre Kochtöpfe schauen lassen, wo einfach die Menschen aus verschiedenen Ländern typische Gerichte mitbringen und wo wir kulinarisch einen spannenden Nachmittag und Abend miteinander verbringen können“, erzählt sie.
Keine Orgel, weil kein Geld
Alexander Schreibmaier ist „hier seit den Anfängen der Pfarre aktiv“, er war unter anderem stellvertretender Pfarrgemeinderatsvorsitzender. „Meine Frau und ich waren das erste Hochzeitspaar, das hier in der Kirche geheiratet hat, auch unsere Kinder sind hier aufgewachsen“, sagt er. Ein Geheimnis ist, „dass wir als Pfarre anfangs kein Geld hatten“, erzählt er: „Wir hatten keine Orgel und auch kein Geld dafür und wollten uns nicht 20 Jahre lang dafür verschulden. Das heißt, wir haben zu musizieren begonnen mit den Gitarren, die wir mitgebracht haben.“ Schreibmaier: „Ich glaube, wir haben in den 30 Jahren keinen Cent für Musik ausgegeben. Das heißt, wir haben das alles gestemmt mit unseren Talenten, wir haben uns eingebracht.“ „Ich will es aber nicht schlechtreden, wenn eine Pfarre eine Orgel hat“, erläutert Schreibmaier: „Wir sind einen anderen Weg gegangen, um uns nicht zu verschulden.“ Und weiter: „Wir haben gesagt, wir wollen Zeugnis geben von unserer Freude für Jesus, musizieren, und die Leute mitreißen zum gemeinsamen Gesang, zum Mitklatschen, zum Mitbeten.“ Ein anderes „Geheimnis“ der Pfarre ist nach Schreibmaier der Raum: „Hier ist es im Winter warm, wir haben eine Fußbodenheizung, wir haben Bänke, die nicht verschiebbar, sondern auch zum Knien geeignet sind. Wir haben keine Mehrzweckhalle, obwohl wir eine moderne Kirche haben“, weiß er: „Der ganze Raum ist einladend, warm und ansprechend, mit viel Licht und viel Wärme. Auch ein Grund, warum Kinder hier am Boden sitzen und mitfeiern können. Wir sind auch offen dafür, dass die Kinder sich im Altarraum bewegen, wir möchten nur, dass die Altarstufe kinderfrei bleibt.“ Wenn man damals mitmusizierte, konnte man relativ schnell ins Pfarrleben einsteigen. „Wir haben allein 40 bis 50 Musikerinnen und Musiker, die mitspielten und dann auch später die musikalische Verantwortung für einen Gottesdienst übernommen haben, also das Aussuchen der Lieder und das Suchen eines Musik-Teams. Sie haben wieder neue Leute eingeladen, damit sie mitmusizieren“, erläutert er diesen pastoral-musikalischen Schneeballeffekt. „Neue Worte suchen wir: Das ist unsere Hymne im Sinne von Papst Franziskus, der der Neuevangelisierung in der Kirche eine sehr hohe Priorität einräumt“, erklärt Schreibmaier. „Pfarre wurde ein wenig umfunktioniert bei uns: Alle Aktivitäten müssen offen und einladend sein. Wir wollen nicht allein in der Kirche sitzenbleiben und die Asche bewachen, sondern das Feuer weitergeben.“
Ein „großes Geheimnis“ ist auch, „dass wir immer so offen waren für junge Familien und für Kinder und für Jugendliche und das über die ganzen 30 Jahre“, erklärt er: „Natürlich sind wir gemeinsam älter geworden. Es gab eine Zeit, da war ich mit 31 Jahren als stellvertretender Pfarrgemeinderatsvorsitzender im Durchschnittsalter der Pfarre, weil so viele Kinder da waren. Und jetzt sind wir gemeinsam ein wenig älter geworden und sind aber trotzdem noch immer attraktiv und einladend für Familien, die mit ihren Kindern kommen und sich freuen, dass sie hier aufgenommen sind.“ Und die Pfarre bewahrt gleichsam ihre offenen Augen. „Zugleich holen wir aus dem Altersheim die alten Menschen hierher in die Pfarre. Ich bin heute früh mit einer blinden Frau hierher marschiert und habe sie zum Platz gebracht“, erzählt Schreibmaier: „Sie war das erste Mal da, sie weiß, dass hier auch andere Menschen mit besonderen Bedürfnissen sind und dass das kein Problem ist. Wir führen die Menschen im Rollstuhl und versuchen trotzdem die Wege freizuhalten, aber so, dass sie einen guten Platz haben.“ Schreibmaier: „Etwas Besonderes ist es auch, dass wir zu Weihnachten und vor Ostern eine Möglichkeit zur Beichte haben, einen Abend der Barmherzigkeit, der auch musikalisch ganz wunderschön gestaltet wird und wo viele Priester aus der Umgebung kommen und hier Beichte hören.“