Ausbrechen aus dem Vorprogrammierten

Glaubenszeugnis
Ausgabe Nr. 8
  • Spiritualität
Autor:
Reinhard Heiserer spricht mit einem Mädchen in Neu-Delhi.
Seit fast 30 Jahren Sprachrohr für globale Gerechtigkeit: Reinhard Heiserer. ©Reinhard Heiserer
Reinhard Heiserer auf einem Berg, im Hintergrund die Landschaft Ecuadors.
In Ecuador: Nicht viele trauen sich in die weite Welt hinaus - doch Reinhard Heiserer hat Abenteuermut und Neugier bewiesen. ©Kurt Hörbst
Reinhard Heiserer lernt mit einem kleinen Mädchen.
Bildung öffnet Türen und ist somit ein möglicher Ausweg aus der Armut für die Kinder und Jugendlichen. ©Reinhard Heiserer

Vor über dreißig Jahren brach Reinhard Heiserer, gelernter Elektriker, von Reutte in Tirol in die Welt auf, zuerst für zwei Monate nach Nigeria, dann als Entwicklungshelfer nach Ecuador.


Herr Heiserer, was war die Initialzündung dafür, ins Ausland zu gehen?

Der Jungscharleiter Reinhard Lorenz, ein Zimmermann aus meiner Heimat, ist damals als Entwicklungshelfer nach Papua-Neuguinea gegangen. Mich hat es sehr zum Nachdenken gebracht, dass einer aus Reutte so weit weggeht. Und dann gab es noch weitere Vorbilder in Innsbruck, die mir einen globalen Blick eröffnet haben. Das alles hat mich sehr motiviert, auch in die Welt hinauszugehen. Und ich war abenteuerlustig – wollte aus dem Vorprogrammierten ausbrechen und nicht die nächsten 40 Jahre als Betriebselektriker arbeiten.

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In Ecuador haben Sie als junger Mann vier Jahre lang Jugendliche zu Elektrikern ausgebildet, in einem Projekt der Salesianer für ehemalige Straßenkinder.

Ich hatte davor wenig Ahnung, wer Don Bosco war, und kannte auch die Salesianer nicht wirklich. Vor Ort haben mich die Patres und die Brüder sehr begeistert, wie sie sich für die Kinder und Jugendlichen einsetzen. Don Bosco sagte: „Jugendliche sind wie Edelsteine, die leuchten, wenn man sie aufhebt.“ Die Lebensbedingungen der Kinder und Jugendlichen haben mich sehr erschüttert. Ein prägender Moment war für mich, als uns einer der einheimischen Sozialarbeiter mitgenommen hat. In einer Unterführung in Quito trafen wir Jugendliche, die vom Klebstoff zugedröhnt waren, unter ihnen ein Kind von etwa fünf Jahren. Die Jugendlichen haben es bestens betreut – und sie haben es mit auf ihre Einbruchstouren genommen, weil es gut durch die Gitterstäbe passt. Das war ein Schockmoment.

Aus dem Aufenthalt in Ecuador ist zusammen mit anderen Gleichgesinnten ein Verein entstanden, die NGO Jugend Eine Welt".

Die Idee war, den Don Bosco NGOs in den Ländern des Globalen Südens den Rücken für ihren Einsatz an den sozialen Brennpunkten freizuhalten, indem wir für ihre Arbeit Werbung machen und Spenden sammeln. Und Freiwillige hinzuschicken, die mithelfen, selber viel lernen und Botschafter für ein gutes Leben für alle werden. Und die nebenbei auf unkomplizierte Art das Ordensleben kennen lernen. Ich weiß von etwa zehn Priestern und zwei Ordensfrauen, die aus diesen Einsätzen hervorgegangen sind. Heute unterstützen wir Bildungs- und Sozialprojekte sowie humanitäre Hilfe auf der ganzen Welt.

Für Sie selbst hat sich die Frage nach dem Ordensleben nie gestellt?

Nein. Ich habe meine österreichische Frau in Ecuador kennen gelernt, sie war dort Volontärin. Wir haben fünf Kinder bekommen, und ich muss sagen: Ich fühle mich in der Ehe sehr wohl.

Was gibt Ihnen Kraft für Ihren Einsatz?

Es motiviert mich sehr, hier in Österreich Sprachrohr für mehr globale Gerechtigkeit zu sein und zu vermitteln, dass unser Wohlstand auf ausbeuterische Arbeit von Erwachsenen und von Kindern im Globalen Süden aufbaut. Der Einsatz für bessere Lebenschancen für Kinder und Jugendliche treibt mich an.

 

„Jugendliche sind wie Edelsteine, die leuchten, wenn man sie aufhebt.“

Don Bosco

 

Und ich fühle mich sehr gut eingebettet. Da sind meine Familie, die Pfarrgemeinde, die Arbeitskollegen – von ihnen allen spüre ich viel Rückhalt. Vor allem von meiner Frau: Würde sie nicht alles, was ich – und wir gemeinsam – tun, mittragen, wäre unsere Ehe schon siebzehnmal gescheitert. Was den Glauben angeht, bin ich nicht der Typ, der sich im Liturgiearbeitskreis einbringt. Ich komme eher von der anpackenden Seite her, da kann ich meinen Beitrag leisten. Was für mich dazugehört: Das Tischgebet in der Familie, der Gottesdienst am Sonntag, Bänke für den Flohmarkt in der Pfarre tragen – und seit einiger Zeit bin ich auch noch Pfarrfotograf.

 

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Autor:
  • Sandra Lobnig
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