Aus den Augen, nicht aus dem Sinn
Die Abschiebung von Mutter, Tochter und Sohn Lopez nach Indien vor einer Woche war offenbar juristisch eindeutig und ohne Alternative: keine Rechtsgrundlage für Asyl und auch nicht für humanitäres Bleiberecht. Gerade das zeigt aber, dass das System „hatscht“: Warum sind die Gesetze so, dass eine gut integrierte Familie auf Kosten der Steuerzahler abgeschoben werden muss, ein Wirtshaus und eine Pfarre eine wertvolle Arbeitskraft verlieren und der bisherige Aufwand für die Ausbildung der Tochter und des Sohnes für Österreich verloren geht? Und da haben wir noch nicht einmal über das menschliche Leid gesprochen.
Auch ein Kardinal kann in einem solchen Fall nicht erwirken, dass Gesetze umgangen werden. Wir leben nicht in einem Land, wo einflussreiche Personen die Rechtsordnung biegen können. Aber es gelingt seinen Mitarbeitern immer wieder, im Vorfeld mit den Behörden humane Wege in den vom Gesetz ermöglichten Spielräumen zu suchen und zu finden. Das geht oft nur, solange noch kein medialer Druck aufgebaut worden ist. Im Fall der Familie Lopez wäre wohl aber auch dann nichts erreichbar gewesen, wenn der Kardinal nicht erst im letzten Moment mit der Geschichte befasst worden wäre.
Kann man also gar nichts tun? Doch. Das Büro des Kardinals bemüht sich durch seine Kontakte in Indien, dass dort die Familie in dieser Schocksituation nicht alleine gelassen wird. Und es gilt, Möglichkeiten einer legalen Wiedereinreise auszuloten. Viel ist das im konkreten Fall nicht. Aber wir alle könnten etwas tun: Darauf drängen, dass unsere Rechtsordnung ergänzt wird, sodass sie Härtefälle wie diese entschärfen kann. Weil das Leben so komplex sein kann, dass ihm das Recht allein nicht gerecht wird.