Apotheken-Namen mit religiösem Bezug
InterviewIm Interview mit dem SONNTAG gibt Franz Biba, von der Bibliothek der Österreichischen Apothekerkammer einen Einblick in die Geschichte und Entstehung der Apotheken-Namen.
Wieviele Apotheken in Österreich tragen einen Namen mit Bezug zum Christentum?
Immerhin fast 400 der rund 1.400 Apotheken in Österreich haben einen Bezug zum Christentum im Namen. Dabei sind es nicht immer Heilige. Die Malchus-Apotheke in Kärnten bekam den Namen, weil der Gründer der Apotheke, so wie der Knecht Malchus im Evangelium, am Ohr verletzt wurde.
Warum tragen viele Apotheken die Namen von Heiligen?
Bevor die Häuser in den Städten mit Nummern versehen wurden, gab es zur Unterscheidung individuelle Hauszeichen und Häusernamen. Bemalte Schilder, die den Häusernamen anschaulich darstellten, erleichterten die Orientierung. Bevorzugt wurden Tiernamen, Heilige, Fabelwesen oder sprechende Namen, die auf den Besitzer, auf die Lage oder auf regionale Sagen hinwiesen. Der Brauch, eigene Hauszeichen zu führen, ging schon im Mittelalter von den Häusern auf die darin untergebrachten Geschäfte und Läden über. Erst als 1862 die straßenweise Hausnummerierung, wie wir sie heute kennen, in Wien eingeführt wurde, verloren die alten Hausnamen an Bedeutung. Die frühesten Apothekennamen gehen also auf Hauszeichen zurück.
Apotheken-Namen mit religiösem Inhalt
Die Wahrzeichen mit religiösem Inhalt stellen mit knapp 400 die stärkste Gruppe unter den österreichischen Apothekennamen dar. Man begegnet hier Gott als Person in Namen wie Erlöser, Salvator, Heiliger Geist, Dreifaltigkeit und Auge Gottes; weiters Symbolen und Begriffen aus der christlichen Religion, wie Engel, Schutzengel, Vorsehung, Hoffnung und endlich die Heiligen, die als Schutzpatron für das Haus oder für die Apotheke gewählt wurden. Mit Abstand die beliebteste Namensgeberin ist die heilige Maria mit etwa 90 Nennungen (Marien Apotheke, Maria Treu, Maria Schutz, Jungfrau Maria, Mutter Gottes, Gnadenmutter…). Als Landespatron erfreut sich Leopold großer Beliebtheit, was u. a. auch in 13 Apothekennamen zum Ausdruck kommt. Von mehr lokaler Bedeutung hingegen sind der hl. Hippolyt (St. Pölten) dann Columban (Egg im Bregenzerwald) und St. Arbogast (in Weiler im Vorarlberger Rheintal). Diese beiden irischen Mönche waren um die Christianisierung des Bodenseeraumes bemüht. Ausgesprochen spärlich vertreten sind in Österreich die Patrone der Gesundheitsberufe: Kosmas und Damian (Kapfenberg) und Lukas in Bürmoos und Wien. Nicht immer hat man automatisch den Häusernamen übernommen. Die Apotheke „Zur Heiligen Johanna“, die 1913 im Haus „Zum schönen Garten“ in der Josefstadt eröffnet wurde, ist nach der Namenspatronin der damals neunjährigen Tochter des Apotheken-Gründers benannt.
Hängt das damit zusammen, dass sich die Apotheken aus den mittelalterlichen „Klosterapotheken“ entwickelt haben?
Klöster waren im Mittelalter wichtige Zentren der medizinischen Versorgung und trugen maßgeblich zur Bewahrung und Weitergabe des antiken medizinischen Wissens bei. Bei Klostergründungen waren neben dem Infirmatorium (Krankentrakt und ärztlicher Behandlungsraum) eine Kräuterkammer (armarium pigmentorum) als Arbeitsplatz für den Klosterapotheker fixe Bestandteile der Bauplanung. Die sich in den Klöstern entwickelnde Trennung zwischen der "Materia medica" (Pharmazie) und der Medizin wurde um 1241 auch im weltlichen Bereich umgesetzt (Edikt von Salerno). Die ersten Apotheken auf dem Gebiet des heutigen Österreichs entstanden überwiegend in Städten, die besonders verkehrsgünstig lagen (Innsbruck 1303, Wien 1320, Graz 1330, Krems 1344, Wiener Neustadt 1348, Salzburg 1364 und Judenburg 1429).
Klosterapotheken hatten ursprünglich keinen besonderen Namen.
Klosterapotheken hatten ursprünglich keinen besonderen Namen. Das Sanitätshauptnormativ von 1770, das die Leitung von Apotheken ausgebildeten Pharmazeuten vorbehielt, und die Klosterreformen Josephs II. führten dazu, dass viele Klosterapotheken verkauft und in öffentliche Apotheken umgewandelt wurden. Zu dieser Zeit war es bereits üblich, dass alle öffentlichen Apotheken einen Namen hatten. Die neuen Besitzer haben oftmals für ihren Betrieb in Erinnerung an die Gründung einen Namen gewählt, der mit dem Kloster in Verbindung gebracht werden kann. Die 1789 an den Apotheker Felix Gulielmo verkaufte Klosterapotheke der Benediktiner in Kremsmünster heißt zum Beispiel bis heute „Zum Heiligen Benedikt“ und die ehemalige Stiftsapotheke der Prämonstratenserabtei Schlägl bekam 1844 in Erinnerung an die Klostergründung den Namen „Zur Jungfrau Maria“.