Anselm Grün: Wegweiser für die Seele

80. Geburtstag
Ausgabe Nr. 2
  • Leben
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In die Abteikirche des Benediktinerklosters Münsterschwarzach zieht sich Pater Anselm Grün gerne zum Gebet zurück. Er empfiehlt jedem täglich eine kleine Auszeit: „Dann haben wir eine Zeit, in der wir spüren: Ich lebe – und ich lasse mir meine Zeit nicht fremdbestimmen.“
In die Abteikirche des Benediktinerklosters Münsterschwarzach zieht sich Pater Anselm Grün gerne zum Gebet zurück. Er empfiehlt jedem täglich eine kleine Auszeit: „Dann haben wir eine Zeit, in der wir spüren: Ich lebe – und ich lasse mir meine Zeit nicht fremdbestimmen.“ ©Julia Martin/Abtei Münsterschwarzach, CC
Pater Anselm Grün ist der erfolgreichste spirituelle Autor im deutschen Sprachraum. Die Gesamtauflage seiner Werke beträgt weltweit über 20 Millionen Bücher.
Pater Anselm Grün ist der erfolgreichste spirituelle Autor im deutschen Sprachraum. Die Gesamtauflage seiner Werke beträgt weltweit über 20 Millionen Bücher. ©Julia Martin/Abtei Münsterschwarzach, CC

Anselm Grün, der bekannte Benediktinerpater, Bestsellerautor und spirituelle Begleiter, wird am 14. Jänner 2025 80 Jahre alt. Trotz der Herausforderungen unserer Zeit ruft er dazu auf, voller Hoffnung und Zuversicht ins neue Jahr zu gehen.

Anselm Grüns Botschaft: aktiv sein, kleine Freuden genießen und den Mut haben, sich selbst und die Welt im Kleinen zu verwandeln. Mit seiner lebensbejahenden Haltung und seinen tiefen spirituellen Einsichten spricht er Menschen weit über die Grenzen der Kirche hinaus an.
 

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Anselm Grün freut sich trotz allem auf 2025

Der bekannte Ordensmann und Bestsellerautor Anselm Grün findet es trotz aller Probleme in der Welt angemessen, sich auf 2025 zu freuen. „Klar, viele Ängste sind berechtigt, aber ich darf mich nicht auf die Angst fixieren, nicht in der Ohnmacht bleiben, nicht in der passiven Rolle, sondern sollte überlegen: Was kann ich denn tun? Wichtig ist: Ich muss selbst aktiv werden“, sagt der Benediktinerpater, der am 14. Jänner 80 Jahre alt wird: „Wir können nicht die ganze Welt verändern, aber wir können dort, wo wir leben, ein Stück Welt verbessern.“

Anselm Grün: Tipps für das neue Jahr

Es sei wichtig, nicht die Augen zu verschließen vor der politischen Großwetterlage, so Grün weiter. Aber man dürfe zugleich die Hoffnung haben, „dass die Erde nicht nur in der Hand der Mächtigen ist, sondern vor allem in der Hand Gottes“. Außerdem gebe es viele Gründe für persönliche Vorfreude, ohne dass dies zur Flucht vor der Realität werde: „Dass wir uns diese kleinen Freuden gönnen und uns darauf freuen – ob das ein Urlaub ist oder Begegnungen mit Menschen, Feiern – ist völlig berechtigt und gar kein Grund für ein schlechtes Gewissen.“

In seinen Führungsseminaren empfehle er den Menschen tägliche kleine Auszeiten, teilt der Ordensmann mit. Auch um nicht das Gefühl zu haben, man werde total von außen bestimmt: „Und eine solche Zeit, die nur mir gehört – da reichen ein paar Minuten am Tag – kann jeder einrichten, ob Hausmeister oder Managerin, jung oder alt, krank oder gesund. Dann haben wir eine Zeit, in der wir spüren: Ich lebe – und ich lasse mir meine Zeit nicht fremdbestimmen – auch nicht von Putin oder Trump.“
 

Zum Jahresbeginn rät der Erfolgsautor, der mit seinen Büchern über Spiritualität ein Millionenpublikum erreicht – darunter nicht nur Christen –  zu einem Moment der Stille, „ganz für mich, um mich zu besinnen und dankbar zu sein: Was war im letzten Jahr? Und was erwartet mich im neuen Jahr? Worauf kann ich mich freuen und worauf hoffe ich? Wir brauchen solche Zeiten, wo wir Abschied nehmen und neu anfangen.“ Er warnt allerdings vor zu vielen guten Vorsätzen auf einmal: „Viel besser ist es, einen kleinen Punkt ins Auge zu fassen und sich zu überlegen, worauf möchte ich Wert legen im neuen Jahr? Und wo hoffe ich, dass in mir etwas wachsen kann?“

Verstehen statt bewerten

Zwei konkrete Vorschläge für gute Vorsätze bzw. Haltungen hat der Ordensmann jüngst gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gemacht: „Ein wichtiger Grundsatz für mich: verstehen statt bewerten. Das gilt für den Umgang mit sich selbst und mit anderen Menschen, insbesondere dem eigenen Partner“, sagte der Benediktiner. „Vor dem schnellen Bewerten sollte der Versuch stehen, das Verhalten des Gegenübers zu verstehen. Erst dann sollte man überlegen: Wie gehe ich damit um?“ Als zweiten wichtigen Grundsatz nannte der in der Abtei Münsterschwarzach lebende Mönch: nicht verändern, sondern verwandeln. „Viele wollen sich ja verändern, wollen ein anderer Mensch werden, stellen ihre Ernährung, ihren Alltag, ihr Leben auf den Kopf.“ Aus seiner Sicht sei das zu radikal, sagte Grün. „Verwandlung hingegen heißt: Ich würdige mich erst mal, wie ich geworden bin. Alles darf sein, aber ich bin zugleich noch nicht der- oder diejenige, die ich von meinem Wesen her sein könnte. Das ist sanfter.“
 

Über Anselm Grün

Anselm Grün wurde am 14. Jänner 1945 in Junkershausen geboren. Nach seiner Matura trat er mit 19 Jahren in die Benediktinerabtei Münsterschwarzach bei Würzburg ein. Er studierte Philosophie, Theologie und Betriebswissenschaften. Als wirtschaftlicher Leiter, „Cellerar“, war er für rund 300 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in über 20 Betrieben in seiner Abtei verantwortlich. 2007 wurde Anselm Grün das deutsche Bundesverdienstkreuz verliehen.  

Anselm Grün hofft auf einen spirituellen Neuaufbruch der katholischen Kirche. „Die Kirche in Europa ist momentan in der Krise. Aber ich kann nicht in das ständige Jammern einstimmen“, schreibt Grün in seinem im Herder-Verlag erschienenen neuen Buch „Alles in allem – was letztlich zählt im Leben“. Ihre „heilende Kraft“ könne die Kirche wiedergewinnen, wenn sie Menschen miteinander verbinde: „alte und junge, Einheimische und Migranten, Kirchentreue und Kirchenferne, Männer und Frauen.“

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  • Portraitfoto von Agathe Lauber-Gansterer
    Agathe Lauber-Gansterer
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