AMMONIT: Abdruck der Hoffnung

Österliche Gedanken - Teil 3
Exklusiv nur Online
  • Spiritualität
Autor:
„mit den Steinen des Feldes bist du verbündet.“ HIOB 5,23
„mit den Steinen des Feldes bist du verbündet.“ HIOB 5,23 ©Stanislaus Klemm

Exklusiv auf dersonntag.at bringen wir eine Serie von "Österliche Gedanken von Stanislaus Klemm". In Teil 3 der Serie geht es um die Hoffnung.

Das Erlebnis des Sterbens verweist uns Menschen immer wieder auf die Spannung zwischen der Welt der Erfahrung: Tod und Vergänglichkeit und der Welt der Sehnsucht: Auferstehung und Bewahrung. Ein kleines versteinertes Tier, ein sogenannter „Ammonit“, vor 200 Millionen Jahre ausgestorben, könnte auch für uns zu einem hilfreichen Bild werden, zu einer Metapher, warum und wie wir uns ein Weiterleben nach dem Tod auf irgendeine Weise bildlich besser vorstellen könnten.

Werbung

Fossil der Hoffnung

Dass wir sterben müssen, das wissen wir, das erfahren wir. Ob wir wieder zu einem neuen, einem anderen Leben auferweckt werden, liegt jenseits unserer Erfahrung, gehört in den Bereich unseres Glaubens, unserer Hoffnungen und Sehnsüchte. Zwischen der Welt unserer Erfahrung und der Welt unserer Sehnsucht liegen ganze Welten. Spannt sich eine Brücke über diesen Abgrund? Was genau geschieht nach dem Tod? Was genau wird dann vergehen? Was eigentlich wird von uns bleiben? Konkrete Fragen. Gibt es aber auch konkrete Antworten? Ich fürchte, jeder Versuch ist wahrscheinlich nur ein mehr oder weniger hilfreiches Modell, mit dem wir uns in unserer diesseitigen Welt zurecht finden müssen.

Als begeistertem Stein- und Mineraliensammler ist mir persönlich der interessante Prozess der „Versteinerung“ ein sehr hilfreiches Bild, um mir ein Weiterleben nach dem Tod irgendwie besser bildlich vorstellen zu können. Die eigentliche Botschaft einer Versteine-rung sagt mir nämlich: "Alles vergeht - Alles bleibt". Wenn ich dieses kleine versteinerte Tier, einen Ammoniten, in der Hand halte, dann wirkt das, was ich betrachten und berühren kann, auf mich so lebendig, als würde das Tier nach dieser unvorstellbar langen Zeit seines Untergangs nur aus einem kurzen Schlaf erwachen. Dabei hat das, was ich da in der Hand halte, mit dem ursprünglichen Tier überhaupt nichts mehr zu tun. Kein einziges ursprüngliches Molekül von ihm ist mehr vorhanden und doch scheint "alles noch da" zu sein, allerdings nur noch als Bild, als Figur, als Abdruck, Fossil der Hoffnung, eine anfassbare Erinnerung an das, was da vor 200 Millionen Jahre wirklich gelebt hat. Es hat eine komplizierte Verwandlung hinter sich, eine Metamorphose. Sein Fleisch ist gewissermaßen zerronnen im Stein und wieder geronnen zu einer neuen Schöpfung. Die Versteinerung und die Erhaltung dieser ururalten Tiere sind für mich so etwas wie eine Brücke zwischen zwei Welten, der Welt, in der alles vergeht, und der Welt, in der alles bleibt. Ein Widerspruch? Allerdings! Aber, wie sagte einmal der berühmte Nikolaus von Kues: "Gott ist das Zusammenfallen aller Gegensätze." Wie kann man das nennen, was da noch von dem ursprünglichen Tier übrig geblieben ist, nachdem es sterben musste? Ist es vielleicht "Identität"? Das Phänomen der Versteinerung ist für mich nur ein erster Hinweis darauf, dass Gott, unser Schöpfer mit Sicherheit einen vielleicht ähnlichen kreativen Weg finden wird, diese Gegensätze zu überwinden, eine Brücke zu schlagen zwischen Vergehen und Bewahren. Selbst der große französische Zweifler Voltaire sagte einmal: "Wenn der Schöpfer den Menschen erschaffen hat, dann wird er ihn auch ein zweites Mal er-schaffen können."

Hoffnung auf ewiges Leben

Konkretere, anschaulichere Bilder meines Lebens nach dem Tode gibt es selbst in der Bibel nicht. Dort, wo sie vom Leben nach dem Tode spricht, wirkt ihre Sprache bildhaft, geheimnisvoll, verschlüsselt. Wir werden "im Buch des Lebens" stehen. Phil 4,3. Wir werden "zusammen mit Christus einen Platz im Himmel" haben. Eph 2,6. Mk 12,25, eine Welt, die noch kein menschliches "Auge und Ohr je gesehen und gehört hat." 1 Kor 2,9. Es sind ebenfalls Versuche, Unbeschreibbares beschreiben, Unbegreifliches begreifen zu wollen. Was bleibt, das ist "Beziehung", bei Gott zu sein. Seinem Sohn Jesus, der sein gesamtes Leben bis in den Tod hinein nur einem Ziel geopfert hat, uns „seinen“ Gott zu offenbaren, der mit uns in einem persönlichen, liebenden Dialog steht und wie ein Vater und eine Mutter zu uns ist, ihm glaube und vertraue ich, wenn er sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben“ (Johannes 11, 25-26). Alles andere, was ich mir nach meinem Tod wünsche und vorstellen kann, ist in dieser Beziehung fest geborgen.

©Privat

Zur Person

Der Autor Stanislaus Klemm ist Theologe und Psychologe und ehemaliger Mitarbeiter der Telefonseelsorge Saar und der Lebensberatung in Neunkirchen/Saar

Autor:
  • Stanislaus Klemm
Werbung

Neueste Beiträge

| Heiligenschein
Geduldiger Stigmatiker

Wöchentliche Heilige, vorgestellt von Bernadette Spitzer.

| Wien und Niederösterreich
Tag der offenen Tür

Die Lebenswelten Sankt Gabriel öffneten ihre Türen, und viele Besucherinnen und Besucher nützten die Gelegenheit, um einen Blick hinter die Mauern von Sankt Gabriel zu werfen.

| Hirtenhund
Hirtenhund

Der Hirtenhund bellt diese Woche über den "Cyber-Apostel" Carlo Acutis, der Ende April von Papst Franziskus heilig gesprochen wird.