Alleinerziehend, nicht alleingelassen

Sehen, Akzeptieren, Raum geben
Ausgabe Nr. 47
  • Soziales
Autor:
Probleme lösen, das Gute im Leben sehen: Die Kontaktstelle hilft Alleinerziehenden punktgenau.
Probleme lösen, das Gute im Leben sehen: Die Kontaktstelle hilft Alleinerziehenden punktgenau. ©istock
Ursula Schuster ist Leiterin der Kontaktstelle für Alleinerziehende.
Ursula Schuster ist Leiterin der Kontaktstelle für Alleinerziehende. ©Miriam Mehlman

Wer alleinerziehend ist, steht in den allermeisten Fällen vor einer Fülle an Herausforderungen – rechtlich, finanziell, vor allem aber auch emotional.

Genau in dieser Situation ist die Kontaktstelle für Alleinerziehende der Erzdiözese Wien da – damit aus alleinerziehend nicht alleingelassen wird. Seit zweieinhalb Jahren ist Ursula Schuster Leiterin der Kontaktstelle für Alleinerziehende der Erzdiözese Wien. Die Bilanz, die sie aus dieser Zeit zieht, ist ebenso klar wie ernüchternd: „Zu uns kommen Menschen, deren Lebenstraum einer heilen und glücklichen Familie zerplatzt ist. Menschen, die ihr Leben neu überdenken müssen und dabei aber praktisch von heute auf morgen einer Flut an Problemen gegenüberstehen – angefangen von anhaltenden Streitigkeiten mit dem Ex-Partner über Besuchsrechte und Elternpflichten, die Vereinbarkeit von Kindern und Beruf bis hin zu finanziellen Problemen.“

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Alleinerziehend statt Lebensmodell Vater-Mutter-Kind

95 Prozent all jener, die hier andocken, sind Frauen, nur ein geringer Anteil der Klienten Männer. Was alle gemeinsam haben, ist die Scham über das, was geschehen ist. „Alleinerziehende hadern damit, dass sie etwas nicht geschafft haben, was andere doch scheinbar so mühelos schaffen“, sagt Ursula Schuster. Das gesellschaftlich anerkannte Lebensmodell einer Familie sei nun einmal, immer noch und trotz der allseits beschworenen Toleranz und Offenheit gegenüber neuen Lebenskonzepten, das Model Vater-Mutter-Kind. „Und wenn man dieses Lebensmodell einmal erreicht hat, dann geht man auch davon aus, dass es bestehen bleibt“, bringt es Ursula Schuster auf den Punkt. „Ein Scheitern kommt geradezu nicht in Frage und darum ist es noch einmal schlimmer, wenn es doch passiert.“ 
 

Alleinerziehend bedeutet für viele: Scham, Schuld, finanzielle Sorgen 

Eng mit der Scham über das Scheitern eines Lebenskonzeptes verknüpft ist dann auch das Thema Schuld. „Vor allem Frauen hängen sich die Verantwortung für dieses ,Ich-bin-schuld, dass es nicht klappt, ich hätte mich mehr anstrengen müssen,' um“, sagt Ursula Schuster.   
Und als wäre das alles nicht genug, stehen Alleinerziehende auch in einem hohen Maß finanziellen Problemen gegenüber. „Ein ganz einfaches Beispiel: Kinderbetreuung, wie sie in den meisten Fällen bei uns angeboten wird, ist mit einem Fulltimejob kaum vereinbar“, sagt Ursula Schuster. „Das bedeutet: Alleinerziehende können nur Teilzeit arbeiten. Das führt dann automatisch dazu, dass sie wesentlich weniger verdienen. Und auf lange Sicht gesehen heißt das, dass Alleinerziehende eher vor dem Problem der Altersarmut stehen.“ 
 

Eine Stimme „von außen“

Und wie kann die Kontaktstelle für Alleinerziehende den Betroffenen konkret helfen? „Wir sind gefordert, für die Betroffenen zunächst einmal einen Raum zu schaffen, in dem klar ist, dass sie ohne Wenn und Aber hier sein können, ohne verurteilt zu werden oder etwas Bestimmtes darstellen zu müssen“, sagt Ursula Schuster. „Und wir versuchen dahingehend zu beraten und Informationen weiterzugeben, die unseren Klienten das Leben erleichtert.“ Der „Blick von außen“ sei da oft wirklich hilfreich.

Kontaktstelle für Alleinerziehende

Die Kontaktstelle für Alleinerziehende punktet aber nicht nur mit dieser „Stimme von außen“, auch auf die Lebenssituation Alleinerziehender maßgeschneiderte Angebote gibt es. Das Sonntagsfrühstück etwa jeweils am ersten Sonntag im Monat, bei dem Alleinerziehende und ihre Kinder im KinderCafé Lauserpause im 2. Wiener Gemeindebezirk zusammenkommen. Das Café hat einen Spielbereich für die Kinder. Die Mamas beziehungsweise Papas können frühstücken und mit anderen Alleinerziehenden plaudern. Eine Kinderbetreuerin hat ein Auge auf die Kinder und die Gruppenleiterin steht für Gespräche zur Verfügung. Ab Jänner 2025 wird es zudem die Ladies Lounge geben – eine Workshopreihe, bei der alleinerziehende Frauen in ihrem persönlichen Wachstum gefördert werden sollen. 

Ursula Schuster ist Leiterin der Kontaktstelle für Alleinerziehende.

Zur Person: Ursula Schuster

Ursula Schuster ist Leiterin der Kontaktstelle für Alleinerziehende, psychosoziale Beraterin und Pädagogin.

Autor:
  • Portraitfoto von Andrea Harringer
    Andrea Harringer
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