Adelsdrama in Wien
FrauengeschichtenSie trägt einen Rock aus Seidendamast mit aufwendiger Stickerei, auf der Mitte des Mieders ein Schmuckstück mit funkelnden Diamanten und einen mit Hermelin gefütterten roten Mantel. Auf dem Konsolentisch befinden sich der Herzogshut und ein Schriftstück. Ihre Augen schauen dem Betrachter mit selbstbewusster Klugheit, zugleich voll Sanftmut und Güte entgegen.
Mit Kaiserin Maria Theresia hatte Herzogin Maria Theresia von Savoyen-Carignan (1694–1772), gebürtige Fürstin von Liechtenstein, nicht nur die Vornamen gemeinsam. Beide waren tiefgläubig katholisch, wohltätig und vorausschauend. Briefe der beiden hochadeligen Damen aneinander sind bis heute erhalten. Martin van Meytens, Hofmaler der Kaiserin, porträtierte Herzogin Savoyen-Carignan 1750. Das Gemälde (siehe Bild) ist derzeit in der frei zugänglichen Ausstellung „Herkules der Künste. Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein und das Wien um 1700“ im Wiener Palais Liechtenstein zu sehen. Das repräsentative Porträt erinnert an die berühmten Darstellungen der Kaiserin durch ihren Hofmaler.
„Maria Theresia war die zweitjüngste Tochter von Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein und wurde 1694 in Schwarzkosteletz bei Prag geboren. In unserer Ausstellung ist sie eine überaus wichtige Gestalt“, erzählt Yvonne Wagner, Kuratorin im Palais Liechtenstein, im Gespräch mit dem SONNTAG. Vater Fürst Johann Adam sorgte dafür, dass seine umfassend gebildete und vielsprachige Tochter gut verheiratet wurde. „Durch ihre Ehe mit Thomas Emanuel Herzog von Savoyen-Carignan, einem Neffen des hochangesehenen Prinzen Eugen, wurde sie selbst zur Herzogin von Savoyen-Carignan“, so Yvonne Wagner.
Geschickte Ökonomin, große Wohltäterin
Verfolgt man den Lebensweg der Herzogin, formt sich das Bild einer bemerkenswerten Frau, Mäzenin und Stifterin, die allein in Wien bis heute Spuren hinterlassen hat. „Sie musste nach wenigen Ehejahren den Tod ihres Mannes beklagen. Als dessen Grabstätte stiftete sie die Gruft in der Kreuzkapelle im Wiener Stephansdom, in der 1736 auch Prinz Eugen beigesetzt wurde“, berichtet Yvonne Wagner. 1734 verlor die Herzogin zudem ihren einzigen Sohn, Johannes Franz Eugen von Savoyen, durch ein Fieber.„Sie war eine sehr gute Ökonomin und durch Erbschaften (u. a. Troppau, Schwarzkosteletz, Judenau ...) sehr wohlhabend. Durch ihr geschicktes Wirtschaften schaffte sie es, dass ihre Herrschaften ertragreich waren und konnte so viel für Arme und Benachteiligte tun.“ Maria Theresia von Savoyen-Carignan setzte zukunftsweisende Impulse. 45 Jahre vor Aufhebung der Leibeigenschaft durch Kaiser Joseph II. befreite sie alle Bürgerinnen und Bürger ihrer Heimatstadt Schwarzkosteletz von Abhängigkeit, Arbeitsdiensten und den damit verbundenen Abgaben.
Noch heute wird die Herzogin vor allem mit dem Savoyenschen Damenstift in der Johannesgasse in Wien in Verbindung gebracht. Dieses Stift, das sie in ihrem Testament festlegte, sollte 20 verwaisten und bedürftigen adeligen Damen Unterkunft und Unterhalt bieten. Die Unterstützung der Kaiserin trug dazu bei, dass diese „so löbliche Unternehmung“ von der Erbsteuer befreit wurde. „Sie kaufte die Gebäude in der Nähe zur Hofburg und ließ sie zum Stift umbauen. Die Bewohnerinnen beteten regelmäßig für die Stifterin, durften reisen und heiraten. Nach einer Heirat mussten sie das Stift verlassen. Die Herzogin verfügte, dass die regierenden Fürsten von Liechtenstein auch nach ihrem Tod für das Damenstift sorgten.“ Die Einrichtung blieb bis weit ins 20. Jahrhundert hinein bestehen. Eine der letzten Bewohnerinnen war Wissenschaftsministerin Herta Firnberg
(† 1994). Noch heute wird alljährlich am Sterbetag der Sifterin in der Kapelle des Damenstiftes eine heilige Messe gefeiert. Wo einst adelige Damen lebten, gibt es heute Büros und Wohnungen. Aus dem Stiftungsvermögen werden bis heute bedürftige Frauen unterstützt.
Termintipp
„Herkules der Künste“, Ausstellung im Palais Liechtenstein, bis 1. 4., Eintritt frei, Fürsteng. 1, 1090 Wien ▶ palaisliechtenstein.com