Abschied vom Stephanushaus

Vom Priester- und Gästehaus zum Caritas-Hotel
Ausgabe Nr. 23
  • Wien und Niederösterreich
Autor:
Rektor Univ. Professor Dr. Josef Weismayer im Stephanushaus
Rektor Univ. Professor Dr. Josef Weismayer im Stephanushaus ©kathbild.at/Rupprecht

Es war seit Jahrzehnten eine Institution im dritten Bezirk, das Stephanushaus unserer Erzdiözese Wien. Das beliebte Priester- und Gästehaus wird nun ein Caritas-Hotel. Der langjährige Rektor Univ.-Prof. Josef Weismayer über den Abschied und den Neubeginn.

Das Stephanushaus der Erzdiözese Wien im dritten Wiener Gemeindebezirk (Ungargasse 38) wird mit 1. Juli in die Verwaltung der Caritas der Erzdiözese Wien übergehen. Es ist ein Abschied vom Priesterhaus, ein Abschied auch von einem beliebten Gästehaus. Neues wird entstehen: Die Caritas wird das Haus zu einem Hotel mit sozialem Touch umbauen, ähnlich dem Magdas-Hotel in der Laufbergergasse im zweiten Bezirk. Das Haus wird Asylanten als Hotelpersonal einstellen, die entsprechend ausgebildet werden sollen, um ihnen einen Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich zu geben. Das „Urbild“ dieses Projektes im 2. Bezirk arbeitet erfolgreich in dieser Richtung.

Als langjähriger Rektor des Hauses blicke ich in Dankbarkeit, aber auch mit ein wenig
Wehmut zurück. Ich wohne seit Herbst 1966 im Stephanushaus und war seit 1987 als Rektor für diese Institution verantwortlich.

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Das Stephanushaus als geschichtsträchtiges Gebäude

Das Stephanushaus wurde am 21. Dezember 1964 durch Kardinal Franz König feierlich gesegnet und damit eröffnet, am 23. Dezember hat Erzbischof-Koadjutor Franz Jachym den Altar in der Hauskapelle konsekriert. Das Haus sollte ein Wohnhaus für Priester sein, zugleich auch ein Gästehaus der Erzdiözese Wien. Am Standort Ungargasse 38 existierte seit 1789 ein Haus, das dem „Priester-Kranken- und Defizientenverein“ gehörte.

Erzbischof Vincenz Eduard Milde († 1853) stiftete für das Priesterhaus die Kapelle „Zum allerheiligsten Erlöser“, die 1852-1854 von Baumeister Franz Sitte († 1879) errichtet wurde. Die öffentlich zugängliche Kapelle wurde von Leopold Kupelwieser († 1862) und Joseph von Führich († 1876) künstlerisch ausgestaltet. Dieses Gebäude des „Priester-Kranken- und Defizienteninstituts“ wurde wegen Baufälligkeit um 1960 abgebrochen, auch die Kapelle, wobei leider auch die Werke von Kupelwieser und Führich entfernt oder zerstört wurden. Die Erzdiözese ließ durch Dombaumeister Architekt Dipl.-Ing. Kurt Stögerer († 1992) das heutige Stephanushaus errichten. 

„Das“ Haus für Priester

Zeitgleich mit dem Neubau des Hauses war es gelungen, Benediktinerinnen des Unbefleckten Herzens Mariens (Mutterhaus in Steinerkirchen a.d. Traun) für die Führung und Betreuung des Hauses zu gewinnen, die diesen Dienst in Treue und Hingabe bis Ende des Jahres 2018 versehen haben. Diese Ordensfrauen haben dem Haus eine allseits geschätzte geistliche und menschliche Atmosphäre geschenkt.

Für die Priester standen in drei Stockwerken insgesamt 18 Wohneinheiten verschiedener Größe zur Verfügung. Im Haus wohnten seit der Gründung 1964 insgesamt 45 Priester mit einer überpfarrlichen Aufgabe und Priester im Ruhestand. Dauernd pflegebedürftige Priester konnten leider nicht im Haus betreut werden. Aber es war immer möglich, für diese Mitbrüder in einem der kirchlichen oder geistlichen Alten- und Pflegeinstitute einen adäquaten Platz zu finden. 

Immer offen auch für Gäste

Für Gäste standen insgesamt 38 Zimmer im ersten und zweiten sowie im sechsten Stockwerk zur Verfügung. Die Kapelle im sechsten Stockwerk, auch von Dombaumeister Kurt Stögerer gestaltet, war zu den Gottesdienstzeiten auch von außen für Besucher und Mitfeiernde zugänglich. Die ursprüngliche Hoffnung, das Haus durch den Gästebetrieb einigermaßen kostendeckend zu führen, hat sich seit den Neunziger-Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht mehr realisieren lassen. Die Erzdiözese hat immer wieder durch das Bauamt größere Reparaturen und Adaptierungen ermöglicht, vor allem in den Jahren 2003 bis 2006. 

Ein großes Danke

Die Tatsache, dass die Gemeinschaft der Benediktinerinnen von Steinerkirchen die Betreuung des Hauses, der Priester und der Gäste nicht mehr leisten konnte, war entscheidend für das Ende des Stephanushauses in seiner bisherigen Verwendung und Zielsetzung. 

Es gibt keine Abschiedsfeier, aber es ist mir ein Bedürfnis, Dank zu sagen: den Schwestern für ihre bemühte und liebevolle Betreuung des Hauses und seiner Bewohner, dem Verwalter des Hauses Diakon Ing. Erwin Boff, den Mitbrüdern, die sich auch um das Miteinander der Hausgemeinschaft bemüht haben, der Finanzkammer und dem Bauamt der Erzdiözese Wien für die gute Zusammenarbeit. Dem Neuen, das nun mit der Übernahme des Hauses durch die Caritas beginnt, wünsche ich Gottes Segen zum Gelingen ihrer Pläne.

Autor:
  • Em. Univ. Professor Josef Weismayer im Portrait
    Josef Weismayer
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