a+o-Prädikat: Was ist eine queersensible Kirche?
a+o-PrädikatDie Ziele des a+o-Prädikats seien laut Website der Regenbogenpatoral, dass man ein Zeichen setze und das innerhalb von "Pfarrgemeinden, kirchlichen Organisationen und Institutionen sowie den Diözesen in der römisch-katholischen Kirche in Österreich eine Bewusstseinsbildung sowie eine queersensible wie auch queerfreundliche Haltung im Hinblick auf LGBTIQ* Personen mit ihren unterschiedlichen sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten angeregt werden." In Wien tragen bisher vier Kirchen dieses Prädikat: Die Pfarre Franz von Sales, Pfarre Breitenfeld, Pfarre Schwechat und Pfarre zur frohen Botschaft.
a+o-Zertifikat: Das sind die Ziele
Die Kirchen verpflichten sich durch das Zertifikat zu einer queerfreundlichen und queersensiblen Umgangsweise mit LGBTQI* Personen. Zudem soll auch eine Bewusstseinsfindung statfinden.
Wie das konkret aussieht, hat der SONNTAG bei zwei "a+o"-zertifizierten Kirchen in Wien, der Pfarre Franz von Sales, nachgefragt.
Regenbogenfahne und a+o-Prädikat
An der Krim-Kirche hängt derzeit eine Regenbogen-Fahne. Damit will die Pfarre Franz von Sales auf die Rechte von LGBTQI*-Menschen aufmerksam machen. Wir haben bei dem Stellvertretenden Pfarrgemeinderatsvorsitzenden Alexander Gotsmy nachgefragt, was eine a+o-zertifizierte Pfarre ausmacht:
Warum hat man sich für ein a+o-Prädikat entschieden?
Wir hatten einen Diskussionsprozess im Pfarrgemeinderat wo klar war, dass queere Menschen nicht anders behandelt werden bei uns und wir haben uns überlegt, ob wir das auch nach außen mitteilen. Wir haben uns schlussendlich dafür entschieden. Wir nehmen war, dass Menschen aufgrund ihrer Geschlechtsidentität auch seitens der katholischen Kirche diskriminiert werden und wir wollten klarstellen, dass das bei uns nicht der Fall ist.
Musste das Pfarrteam eine Schulung machen?
Nein wir mussten keine Schulung machen. Aber wir haben uns ausführlich im Pfarrgemeinderat damit beschäftigt und ein Zertifikat verliehen bekommen. Es ist eine Form der Selbstverpflichtung.
Wie haben Sie sich auf das a+o-Prädikat in der Pfarre vorbereitet? Gab es Änderungen im Alltag?
Aus meiner Sicht ist das Wesentliche die Zeichensetzung nach Innen und Außen, es verändert den Alltag, weil es das Thema besprechbar macht. Menschen aus jüngeren Generationen werden mit dem Thema ständig konfrontiert, aber ältere Menschen nicht und da kommen Gespräche in Gang. Wir haben uns im Pfarrgemeinderat entschieden ein Team zu bilden, welches aus drei Personen besteht, die für das Thema verantwortlich sind und dazu Veranstaltungen zu machen.
Wir verwenden seit längerem über weite Längen eine geschlechtergerechte Sprache.
Bisher ist es noch nicht passiert, dass sich queere Menschen an uns gewendet hätten, aber wir würden selbstverständlich ihren seelsorglichen Wünschen nachkommen, wenn es welche gibt. Bei der Sprache in der Messe achten wir da schon lange darauf niemanden auszugrenzen. Wir verwenden seit längerem über weite Längen eine geschlechtergerechte Sprache. Unser Team ist Ansprechpartner für das Thema, egal ob Presse, kritische oder positive Meinungen. Jede auch kritische Rückmeldung ist eine Chance, zu diesem Thema ins Gespräch zu kommen. Unsere Aufgabe ist es die Augen offen zu halten und Ansprechpersonen für jene zu sein, die uns brauchen.
Erklärung "Ja zur Vielfalt"
Auch in der Pfarre Breitenfeld hat man sich für ein a+o-Prädikat entschieden. Wir haben bei Pfarrer Dr. Georg Jansen nachgefragt, warum:
Warum hat man sich für ein a+o-Prädikat entschieden?
Schon im März 2021 haben das Pfarrleitungsteam und der Pfarrgemeinderat als Reaktion auf die damalige Äußerung der vatikanischen Glaubenskongregation, dass Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare und von Paaren in „irregulären Situationen“ kategorisch ausgeschlossen seien, sowohl die Regenbogenfahne am Kirchturm gehisst, um ein öffentliches Zeichen zu setzen, als auch eine Erklärung „Ja zur Vielfalt“ formuliert, in der sich die Pfarre Breitenfeld als „LGBTIQ*-respektierend“ und „queersensibel“ deklariert hat. Darin heißt es ua: „Die Vielfalt der Menschen, die bei uns leben und sich in der Pfarre engagieren, schließt auch die Vielfalt der Geschlechtsidentitäten ein. Als Pfarre heißen wir daher LGBTIQ*-Personen ausdrücklich willkommen. Jede und jeder soll sich in unserer Pfarre heimisch fühlen dürfen. Wenn jemand um pastorale Begleitung, Unterstützung im Gebet oder um den Segen Gottes bittet, werden wir niemanden davon ausschließen.“
Daher war es für uns ein logischer Schritt, dass wir uns im Oktober 2023 um das Prädikat a+o | akzeptierend und offen beworben haben.
Was ändert sich im kirchlichen Alltag? Werden Messen nun in geschlechtergerechter Sprache gehalten?
Die offene und akzeptierende Grundhaltung wurde auch vor der Prädikatsverleihung bereits gelebt und hat durch das Anbringen der a+o-Plakette an der Kirche und dem Pfarrhaus sowie der Veröffentlichung auf der Startseite der Pfarr-Homepage nur einen weiteren Schritt in die Öffentlichkeit getan.
Als Kirche haben wir oft die Haltung eingenommen, als ob wir entscheiden könnten, wer „würdig“ und wer „unwürdig“ ist. Die Kirchengeschichte ist leider eine Geschichte der Ausgrenzung. Dabei sind die Nuancen der Ablehnung unterschiedlich. Von der sprichwörtlichen „Höllenpredigt“ über amtliche Hürden etwa bei der Taufanmeldung von Regenbogenfamilien, die Frage einer Segensfeier bis hin zum scheinbar „gut gemeinten“ Rat, doch nicht ganz so offen die eigene Identität und die Beziehung zu zeigen.
Menschen in kirchlich so genannten „irregulären“ Lebens- und Beziehungssituationen haben so Ablehnung und Ausgrenzung erfahren – und erleben sie schmerzlich bis heute.
a+o-Prädikat: Akzeptierend und offen
Wie würde/müsste eine wirklich einladende Kirche aussehen und sich verhalten?
Eine mögliche Antwort wäre: Akzeptierend und offen. Es ist es wichtig, deutliche Signale zu setzen: „Hier kannst du damit rechnen, keine Diskriminierung aufgrund deiner Identität zu erfahren“. Kirche als sichtbarer „safe space“ also. Diese Sichtbarkeit muss dort erfolgen, wo sie bemerkt wird: Prominent am Kirchengebäude (Eingang), auf der Startseite der Pfarr-Homepage, im Schaukasten etc. – nicht irgendwo versteckt im Pastoralkonzept (so gut es ist, wenn das Thema hier angesprochen wird). Es hat seinen Grund, warum die Regenbogenfahne an manchen Kirchen so großes (überwiegend positives) Echo gefunden hat. Eine Einladung muss auch gesehen und gehört werden – gerade von Personengruppen, die eine solche Einladung durch die Institution Kirche nicht (oder nicht mehr) erwarten würden.
Dass in allen Veröffentlichungen und der Verkündigung Wert auf eine geschlechter- und queersensible Sprache gelegt wird, ist dabei ein kleines, aber wichtiges Zeichen.
Eine Einladung muss auch gesehen und gehört werden.
Musste das Pfarrteam oder mussten Sie eine Schulung machen?
Als Mitglied im Leitungsteam der Regenbogenpastoral Österreich werde ich von Pfarren zu Informations- und Schulungsabenden eingeladen. In unserer Pfarre haben wir einen Schulungsnachmittag zur queersensiblen Pastoral für alle Interessierten durchgeführt. Pfarrangehörige nehmen an Online-Schulungsangeboten der RBPÖ teil. Nachdem das a+o-Prädikat im Wesentlichen eine Selbstverpflichtung der beteiligten Pfarren ausdrückt, muss jede Pfarre ihren Weg finden, in welcher Form sie das Thema präsent hält. Einige Pfarren (auch wir) haben sich zB dafür entschieden, im „LGBTIQ*-Pride Month“ die Regenbogenfahne zu hissen. Vertreter:innen der Pfarre haben am ökumenischen „Pride Prayer“, dem Gottesdienst im Rahmen der Vienna Pride, und an der Regenbogenparade (als Teil der interreligiösen Plattform „Religions for equality“) teilgenommen. Wir weisen regelmäßig auf Angebote wie zB die „Queer Lounge“ hin usw.